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Published on Oktober 14th, 2014 | by Manuel Simbürger

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5 unvergessliche Momente aus “House of Cards 2″

“House of Cards” gehörte 2013 zu den größten, spannendsten und innovativsten seriellen Sensationen des Jahres. Noch nie wurde Politik so eindringlich, so packend und nicht zuletzt so furchteinflößend dargestellt wie in der Netflix-Serie rund um Frank Underwood, brillant dargestellt von Kevin Spacey.

HouseOfCardsSeason2Teaser

(c) Netflix

Auch das zweite Jahr der Serie präsentiert uns das, was wir vom “HOC”-Universum (eine merkwürdige und doch so faszinierende Mischung aus Parallel- und Realwelt) erwarten: Intrigen, verschwimmende Moral-Grenzen und ein Anti-Held, der sogar Walter White Konkurrenz macht. Die zweite Staffel kommt düsterer und inhaltlich komplexer daher als das erste Serienjahr, kann aber nicht ganz so überzeugen – was vor allem an der Übermacht von Underwood liegt, neben dem sogar der Präsident selbst wie ein unsicherer Schuljunge wirkt. Mit Tusk wird Underwood nach wenigen Episoden zwar ein (beinahe) würdiger Antagonist entgegengestellt (der zugleich auch als pointierte Metapher der Finanzkrise funktioniert), nur kommt das zuweilen etwas erzwungen daher – und zu wenig spannend, da von Beginn an klar ist, dass auch Tusk Underwood nicht stürzen können wird. Trotz kleinerer Schwächen im zweiten Jahr bleibt “House of Cards” ein Serienjuwel, das zynischer als “The Americans” und (den menschlichen Charakter betreffend) pessimistischer, als “The Walking Dead” daherkommt – und hier geht’s schließlich um gefühlstote Zombies, also soll das schon was heißen.

5 der unvergesslichsten und einprägsamsten Momente aus der zweiten Staffel “HOC” hab ich für euch mal zusammengefasst:

5. Frank, Claire und die Spielzeug-Soldaten

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Was wir sehen: Frank hat ein neues Hobby: Er kehrte (wenn auch nicht ganz freiwillig) den Ego-Shootern den Rücken und bastelt nun lieber an Spielzeug-Mini-Soldaten herum. Wann immer er Zeit findet, bemalt und bastelt (“Ohne den Kleber-Dämpfen wäre es nur halb so lustig”) Frank mit Hingabe und Liebe zum Detail das Miniatur-Bundesheer und stellt ebenso detailgenau historische Schlachten nach. Anfangs von Claire belächelt, findet auch sie schlussendlich Gefallen an den kleinen grünen Männchen.

Was wir wirklich sehen: Auch in seiner Freizeit ist Frank von Macht besessen. Er muss die Kontrolle behalten und liebt es, sich in der Rolle des Marionettenspielers zu sehen. Und weil es für einen erwachsenen Mann doch etwas blöd kommt, mit Handpuppen zu spielen, verschreibt er sich voll und ganz den zahlreichen Mini-Soldaten, die er ganz nach seinem Willen auf dem Schlachtfeld platziert und töten lässt. Das Schlachtfeld als Symbol für die Politik, die Mitarbeiter im White House als willenlose, aber treue Soldaten. Hier entspannt Frank nicht nur, er schärft auch seine Sinne, seine Gedankengänge, seine Auffassungsgabe. Dass Claire, trotz Zweifel, letztendlich sein Hobby teilt, zeugt von ihrer scheinbar unendlichen Hingabe für ihren Ehemann und ihrem Willen, ihn bei seinen Machtplänen zu unterstützen.

4. Das Fernsehinterview: Claire spricht erstmals über ihre Vergewaltigung und Abtreibung(en)

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Was wir sehen: Weil anscheinend auch die Frau des Vize-Präsidenten in den USA als wichtig genug angesehen wird, um ein exklusives Live-TV-Interview zu geben, spricht Claire Underwood ganz in bester Oprah Winfrey-Manier über ihre Kindheit und ihr Leben an der Seite von Frank Underwood. Sie lächelt durchgehend, wir lächeln mit ihr – bis wir plötzlich vor Schreck erstarren: Ohne Vorwarnung spricht Claire offen über ihre Vergewaltigung im College und ihre Abtreibung – gleich zwei Themenbereiche, die in den USA nach wie vor als Tabuthemen gelten. Ihrem Pressesprecher gegenüber gibt sie gar zu, dass es ganze drei Abtreibungen waren. “Das erwähnen Sie aber nicht im Fernsehen.” – “Meinetwegen.”

Was wir wirklich sehen: Dass Claire zwar in dieser Staffel weniger als eiskalte Geschäftsfrau dargestellt wird und dafür mehr in die altbekannte Ecke gedrängt wird, in der sie sich mit “typischen Frauenthemen” wie Kinderwunsch, Affären, Vergewaltigung und Abtreibung herumschlagen muss, ist zwar etwas schade, doch trotzdem gehört Claires Beichte zu den stärksten Momenten dieser “HOC”-Staffel: Bekommen wir doch einen unzensierten und ungeschönten Einblick nicht nur in die Vergangenheit von Claire, sondern lernen sie auch als Person besser kennen. Und wir erahnen, was sie und Frank im Laufe ihrer Ehejahre bereits mitgemacht haben müssen, was sie erlebt haben und wieso sie immer noch zusammen sind.. Denn obwohl sie ihr Schlafzimmer in ein Büro umwandelten und so unmissverständlich zeigten, dass Liebe nicht der primäre Grund ihrer Ehe ist (sondern viel mehr Loyalität, gegenseitiger Nutzen und das gemeinsame Streben nach Macht), so zeigt dieses Geständnis doch, dass Frank und Claire sich tatsächlich stark zugeneigt sind. Dass dies zur Abwechslung keine Lüge ist. Man kann vielleicht sogar doch von Liebe sprechen.

3. Frank Underwood wird Präsident der Vereinigten Staaten

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Was wir sehen: Präsident Walker ist gestürzt – und Underwood wird zum neuen Präsidenten der USA gewählt. Gemeinsam mit Claire, die neue First Lady, schreitet er den Gang des Oval Office entlang und begrüßt seine Untertanen – bevor er Minuten später das allererste Mal hinter dem Schreibtisch des Präsidenten Position bezieht.

Was wir wirklich sehen: Dass Frank in Wahrheit der mächtigste Mann im Weißen Haus ist und die Strippen zieht, wurde uns Zusehern bereits in der Pilotfolge der Serie klargemacht. Und trotzdem: Da war immer noch der Präsident, auf den Underwood zwar manipulativ einwirkte, vor dem er aber letztendlich dann doch kuschen musste. Underwood weiß, was er will und wie er es bekommt - dass er es aber am Ende der Staffel tatsächlich schafft, den Präsidenten der Vereinigten Staaten durch lange im Voraus und präzise geplante Intrigen zu stürzen, überrascht und schockiert dann aber doch gleichermaßen. Wenn Frank und Claire gemeinsam andächtig das erste Mal den Gang des Oval Office entlang schreiten, beide in düster-elegantem Schwarz gekleidet, wird uns das erste Mal bewusst, was da noch auf uns zukommt: Dieses Paar, das keine Grenzen kennt, um ihre Ziele zu erreichen, die ihr Umfeld vor allem als Schachfeld sieht, ist nun tatsächlich das mächtigste Paar der Welt. Unwillkürlich muss man an George und Laura Bush denken. Man bekommt eine Gänsehaut. Wird Underwood als Präsident den “American Dream” neu definieren?

2. Der Dreier mit dem Bodyguard

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Was wir sehen: Claire ist einsam – und betrinkt sich kurzerhand. Und weil Meechum, der Bodyguard  der Underwoods, seinen Job eben sehr ernst nimmt (oder eigentlich nicht), trinkt er mit Claire gleich mal einen mit. Die beiden haben Spaß, lachen, die Funken sind deutlich zu spüren. Dann platzt Frank in die traute Zweisamkeit – was folgt ist kein Anfall von Eifersucht, sondern ein Dreier, in dem auch die beiden Männer aneinander gefallen finden (sogar noch, bevor sie sich Claire zuwenden).

Was wir wirklich sehen: WTF?! “HOC” spart bekanntlich mit Erotik (obwohl die zweite Staffel doch einige sehr sexy Momente hatte), was uns hier aber präsentiert wird, ist Sex pur – und das noch auf so provokante Art und Weise, wie man sich Sex in “HOC” nun mal erwartet. Sehr aufmerksamen Zuschauern entging schon Folgen zuvor nicht die (professionelle) Zuneigung, die Underwood zu Meechum empfand, beförderte er ihn doch persönlich vom Chauffeur zum Bodyguard. Und spätestens als Meechum den Vice President beim Porno-Schauen erwischte, ahnte man, dass sich da eine kleine, aber feine Bromance anbahnte. Dass dann aber tatsächlich ein heißer Dreier mit der Ehefrau draus wird (der Meechum übrigens nicht seinen Job kostet – eine sehr mutige und kluge Entscheidung der Autoren), war wohl der größte WTF-Moment der Staffel (geschlagen nur von Platz 1). In dieser kurzen, aber prägnanten Szene beweist “HOC” einmal mehr, dass die Serie dann am besten ist, wenn sie Hinweise auf die Vergangenheit der Hauptfiguren gibt: Hat Frank schon früher sexuell experimentiert? Ist das der erste Dreier der Underwoods (Claires Blicken zufolge darf das bezweifelt werden)? Was ist Frank eigentlich für ein Mensch, so ganz abseits der Politik? Welche Begierden, Sehnsüchte hat er? Ging da schon früher etwas mit Angestellten (ob nun weiblich oder männlich)? Der Dreier mit Meechum erlaubt Frank Underwood, an Dreidimensionalität und noch mehr an Ecken und Kanten zu gewinnen. Ein One Nght Stand jenseits jedweder gesellschaftlicher Kategorisierungen und Schubladen. Aber, was rede ich: Die Szene war einfach sexy as hell.

1. Der Mord an Zoe Barnes

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Was wir sehen: Zoe Barnes, Journalistin und ehemalige Geliebte von Frank, ist dem Mord am Kongressabgeordneten Peter Russo – für den bekanntlich Underwood selbst verantwortlich zeichnet – dicht au der Spur. Dem wird die Sache langsam, aber sicher zu heiß und bietet Zoey zu einem geheimen Treffen in einer U-Bahn-Station. Als er merkt, dass er Zoe nicht länger in der Hand hat, greift der Vice President zu radikalen Mitteln – und stößt sie kurzerhand vor den anrollenden Zug. Zoe ist sofort tot.

Was wir wirklich sehen: Gleich in der ersten Episode der zweiten Staffel werden wir daran erinnert, dass man gut tut, sich als Zuseher keine Sekunde lang in Sicherheit zu wiegen – denn die Figuren in “HOC” dürfen das auch nicht. Vollkommen überraschend und unvorhersehbar geschieht der kaltblütige Mord und spätestens ab jetzt ist klar, dass Frank Underwood zu den furchteinflößendsten (und faszinierendsten) Psychopathen der TV-Geschichte gehört (na gut, das ahnte man schon, als er Russo ins Jenseits beförderte). Der Mord an Zoey lässt keinen Zweifel daran, dass in dieser Serie jederzeit wirklich jede Figur das Zeitliche segnen kann, dass niemand vor schlimmen Taten gefeit ist – was den Zuseher natürlich voller Spannung dran bleiben lässt. Noch mehr als der Tod von Zoey Barnes schockiert rückblickend jedoch, dass Underwood mit dem Mord ungeschoren davon kommt – bis zum Finale der zweiten Staffel deutet nichts mehr darauf hin, dass er für den Tod der Journalistin belangt werden könnte. “HOC 2″ startet mit Frank Underwood, dem Mörder, und endet mit Frank Underwood, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ich weiß ja, wieso ich nicht mehr wählen gehe.

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(c) Neflix

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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