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Published on August 11th, 2017 | by Manuel Simbürger

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Dalida: Filmisches Denkmal für die Queen of Jukebox

Lisa Azuelos zeichnet ein berührendes, tragisches und allen voran theatralisch-glamouröses Porträt einer emotional komplexen und vielschichtigen Frau, die dazu geboren wurde, ein Star zu sein. Ab heute in Österreichs Kinos. 

Es ist einer jener Geschichten, die die Menschheit seit Jahrhunderten fasziniert: Der Aufstieg und Fall (und eventuell erneuter Aufstiegs) eines von der ganzen Welt verehrten Stars, der trotz Ruhm, Reichtum und Schönheit es einfach nicht schaffen will, seinen Seelenfrieden zu finden. Selbstbewusst und manchmal beinahe engelsgleich wirken diese Erscheinungen auf der Bühne, Millionen von Menschen liegen ihnen zu Füßen. Fällt der Vorhang, schaut die Welt oft anders aus: Depressionen, Hochmut, der Drang nach dem nächsten High und der verzweifelte Kampf der Selbstfindung inmitten einer Welt, in der sich die Gottesverehrung auf die öffentliche Bühne verlagert hat, bestimmten das Leben zahlreicher gefeierter Künstler. Es ist diese Diskrepanz zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Genie und Wahnsinn, die die Faszination von Künstlern wie Whitney Houston, Amy Winehouse, Michael Jackson, Kurt Cobain oder gar Britney Spears ausmacht und diese zu Legenden werden lässt. Es gibt der breiten Durchschnitts-Masse – also uns – Hoffnung: Es macht nix, wenn ich nicht reich und berühmt und schön bin. Weil der Whitney hat’s ja auch nicht geholfen. Und es zeigt uns, dass auch die allergrößten Stars nur Menschen mit, ja, zutiefst menschlichen Gefühlen und Problemen sind.

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Exotisch und traurig. Genau darauf setzt auch Lisa Azuelos („LOL – Laughing Out Loud“) in ihrem filmischen Biopic „Dalida“, das der gleichnamigen Sängerin ein gelungenes Denkmal setzt. Mit über 150 Millionen verkauften Tonträgern gehört die französische Sängerin zu den erfolgreichsten KünstlerInnen der Welt, als erste Sängerin überhaupt erhielt sie eine Diamant-Schallplatte. Als „die Bardot der Musik“ und als „die große Dame des Chansons“ wurde sie von der Kritik gefeiert, dank immer noch geläufiger Hits wie „Bambino“, „Paroles, Paroles“, „Gigi L’Amoroso“ oder „Am Tag, als der Regen kam“ galt sie lange Zeit als „Queen der Jukebox“. Edith Piaf sah sie als einzige würdige Nachfolgerin, der Schriftsteller Yvan Audouard betete öffentlich für „die Kleine“, nachdem diese nach einem Selbstmordversuch drei Tage im Koma lag. Dank ihrer strategischen Karriereplanung gelang es Dalida auch im Alter von 50 Plus, sich mehrmals erfolgreich neu zu erfinden. Ähnlich wie die Monroe zog sie zahlreiche einflussreiche (und hoffnungsvoll-aufstrebende) Männer in ihren Bann – sogar so konsequent, dass sich drei ihrer Ex-Männer nach dem Beziehungsaus das Leben nahmen. Der indische Guru Swami Prajnanpad versicherte ihr, für die Bühne und den Erfolg geboren zu sein. Selbstzweifel, Depressionen und Sinnkrisen waren dann aber doch stärker: Nach zahlreichen Schicksalsschlägen nimmt sich Dalida 1987 das Leben. All diese Aspekte verwebt Azuelos zu glamourösen, exotischen und oftmals sehr traurigen filmischen 124 Minuten und wird damit, auch dank der gelungenen Darstellung von Sveva Alviti, der komplexen Persönlichkeit der Sängerin mehr als gerecht. Da es sich bei „Dalida“ um ein Musical handelt, darf man sich an Pathos, Kitsch und Glitzer natürlich nicht stören. Und sei es nur Dalida zuliebe.

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Bilder: Copyright Luc Roux

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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