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Published on Mai 7th, 2014 | by Manuel Simbürger

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„Das perfekte Dinner“: gesellschaftliche Querdenker

Die VOX-Kochsendung hat mit Florian und Frankie sein schönstes Traumpaar ever gefunden. Nur, dass die gar nicht ein Paar sind. Womit die Schlemmer-Show einmal mehr als gesellschaftlich querdenkende Instanz etabliert.

(c) VOX

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„Das perfekte Dinner“, die Koch-Sendung, die seit gefühlten 50 Jahren im Vorabend auf VOX läuft, lehrt uns etwas über das Kochen, über das Genießen und manchmal auch über kulinarische Bräuche. Wir lernen genauso, wie man mit Gästen (sprich: unseren Mitmenschen) umgeht und dass Unterschiede kein Grund sind, zwischenmenschliche Beziehungen abzulehnen.

Und immer öfter lernen wir auch, bei dieser eigentlich so simpel gestrickten Sendung, dass wir Menschen alle gleich sind. Egal, was wir essen. Woher wir kommen. Und welche sexuelle Orientierung wir haben.

Frankie & Florian

Screenshot (c) VOX

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Diese Woche gehört die alltägliche Kochsendung eindeutig den männlichen Kandidaten, nämlich Frankie und Florian. Und was sich schon rein namentlich anhört wie Brüder oder Best Friends evaaa, entpuppt sich schon in der ersten Folge am Montag als die schönste Liebesgeschichte, die „Das perfekte Dinner“ uns jemals serviert hat. Da haben sich zwei vielleicht nicht gesucht, aber definitiv gefunden. „Bemerken die zwei eigentlich etwas anderes auch noch außer sich gegenseitig?“, wird da von den weiblichen Mit-Kandidatinnen schon mal augenzwinkernd bemerkt.

Nein, eigentlich nicht. Frankie und Florian haben nur Augen für sich. Und schrecken auch vor zärtlichem Körperkontakt nicht zurück: es wird gehätschelt, getätschelt, Busserl gegeben und umarmt. Sich tief in die Augen gesehen und dem anderen ganz genau zugehört. Das ist so süß, dass die „Perfektes Dinner“-Macher (ohnehin nicht auf den Mund und Kopf gefallen) einfach nicht anders können, als gemeinsame Szenen der beiden mit romantischer Musik und Slow Motion zu unterlegen. Das ist dann nicht kitschig, schon gar nicht veraschend, sondern einfach nur tatsächlich: herzerwärmend. Und erfrischend querdenkend.

Grenzüberschreitend

Screenshot (c) VOX

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Das Besondere an der F&F-Lovestory nämlich: Frankie ist hetero, Florian ist schwul. Ob sich da der eine in den anderen tatsächlich verguckt hat oder sich einfach nur zwei Bros gefunden haben, ist dann ja egal letztendlich. Und abgesehen vom Liebesaufruf an die weiblichen Zuschauer für Single Frankie wird die Sexualität der beiden nie in den Vordergrund gestellt (genauso übrigens, wie nur durch ein bloß sekundenlanges Insert mal nebenbei erwähnt wird, dass es auch eine lesbische Kandidatin in der Runde gibt). Da berühren sich die Seelen zweier Menschen, die zufällig beide männlich sind – wie das nun definiert wird, was nun wer wie wann wo ist, ist den „Dinner“-Machern (und somit uns Zusehern) herzlich egal.

Die Paarung schwul-hetero ist aber, genau betrachtet, von VOX nicht nur mutig, sondern auch zukunftsweisend: mehr noch als bei zwei Hetero-Typen überschreitet VOX hier wie selbstverständlich gesellschaftlich konstruierte Grenzen. Zum einen: Schwul und Hetero – klar geht das, passt das zusammen, auch und sogar bei Männern (ist tatsächlich in der Gesellschaft erst erschreckend selten durchgedrungen)! Zum anderen, und hier ziehe ich den Hut vor dem TV-Sender und der „Dinner“-Redaktion: Beinahe unbemerkt schafft es die Sendung, die Zuseher zum Denken anzuregen, die Sichtweise wenigstens ein klein bisschen zu ändern – ohne, dass diese es merken würden. Hier sehen wir Männer, die sich in ihrer Haut wohlfühlen und Männlichkeit (bzw. das Bild, wie Männer miteinander umzugehen haben) ganz neu definieren: die tauschen Zärtlichkeiten miteinander aus, die gehen locker mit der jeweiligen sexuellen Orientierung um, die mögen sich, die haben Gefühle füreinander. Ganz egal, ob man das nun hetero, schwul, queer oder sonst wie nennt! Wacht auf Leute, scheint „Das perfekte Dinner“ zwischen Vor-, Haupt- und Nachspeise zu schreien: Es geht im Leben nicht um sexuelle Kategorien. Es geht um den Menschen. Und um das eigene Herz, das einem sagt, wenn man jemandem ganz besonderen gegenübersitzt. Am Dinner-Tisch zum Beispiel.

Bravo, VOX!

Screenshot (c) VOX

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Deshalb: Bravo VOX, Bravo „Das Perfekte Dinner“! Nicht nur für Frankie und Florian (die schon verdammt süß zusammen sind), sondern für das immer wieder unaufgeregte Miteinbeziehen von schwulen und lesbischen Hobby-Köchen. Ob nun der Gastgeber von seiner Ehefrau oder von seinem Lebensgefährten in kulinarischer Runde erzählt – beim „Perfekten Dinner“ macht das keinen Unterschied. Die Inszenierung ist stets gleichermaßen liebevoll, amüsant – und gleichermaßen frech. Kein Herum-Gedrücke, keine Klischee-Beladungen (wie es leider bei „Shopping Queen“ immer wieder passiert), kein Extra-Drauf-Hinweisen, keine stocksteife politische Über-Korrektheit. Weil Schwule und Lesben halt auch gerne kochen. Wie so viele andere auch. Punkt.

Das ist mutiger, als es auf den ersten Blick scheint. Ist immer noch nicht so selbstverständlich, wie es eigentlich sein sollte. Durch diese „ganz normale“ und vor allem regelmäßige Inszenierung von Homosexuellen trägt das Reality-Format „Das Perfekte Dinner“ wohl mehr zur gesellschaftlichen Akzeptanz bei als so manche TV-Serien, die mit Gewalt den Quoten-Schwulen in die Story drücken.

Wer hätte gedacht, dass Vorabend-Unterhaltungs-Formate derart gesellschaftliche Relevanz haben können.

Screenshot (c) VOX

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



2 Responses to „Das perfekte Dinner“: gesellschaftliche Querdenker

  1. Sam says:

    Wir schauen uns regelmäßig dieses Sendeformat an, es kann schon am Montag passieren, daß wir es uns gar nicht mehr weiter anschauen, denn die Charaktere der Mitstreiter sind entscheidend. Wenn schon am ersten Abend über irgendwelche Nichtigkeiten, Kleinigkeiten, oder so ein “150%-tiger” mit in der Runde ist, dann verdirbt uns das automatisch die Lust auf die nächsten Tage dieses weiter zu schauen. Das konnten wir aber am Montag Abend absolut nicht sagen, es war herrlich schön dieses zu sehen und zu begleiten. Das passiert eher selten, daß man von ersten Tag an Spaß daran hat, sich auf die Tag die noch kommen werden zu freuen. So ergeht es uns momentan. Wir freuen uns auf die verbleibenden Abenden. Das sind Mitstreiter denen es einfach nur Spaß und Freude macht, ihnen über der Schulter schauen zu dürfen. Alle in der Runde sind wunderbar :-)

  2. Felix Meyer says:

    Herrlich auf den Punkt gebracht. Toll beschrieben ist der Begriff des ‘Kategoriedenkens’ in Bezug auf Sexualität. Denn das tun leider auch wir Schwulen und Lesben. Nur fällt es den meisten gar nicht mehr auf.
    Alt, jung, groß, klein, dick, dürr, bla bla bla… Wenn man auf einer Wellenlänge liegt, ist der Rest doch irrelevant.

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