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Published on Mai 31st, 2013 | by Manuel Simbürger

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GNTM 2013: Heidis Horror Picture Show

Es ist nicht schwierig, „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) schlecht zu machen. Deshalb versucht man als netter Schreiberling, Klum und „ihren Mädchen“, wie die selbst-ernannte Modelmama ihre Kandidatinnen so gerne nennt, mal eine Pause zu gönnen und die positiven Aspekte der Modelshow und besonders des Finales der achten Staffel zu betonen. Man ist ja nicht so.

Also.

Musikgast Bruno Mars lieferte eine gute Show ab und erinnert immer mehr an den jungen Michael Jackson.

Danke.

Reality-Show statt Talentesuche

Ich habe es versucht. Wirklich. Aber es geht einfach nicht. GNTM ist spätestens im achten Jahr an einem Punkt angelangt, wo sich die Show nur noch selbst ad absurdum führt. Die Kandidatinnen sind wohl die einzigen, die noch dran glauben, eine große Karriere vor sich zu haben. Klum und ihre Jury inklusive dem Publikum zuhause wissen natürlich schon längst: Nach dem Finale wird man von der Siegerin nie mehr wieder was hören, vielleicht taucht sie noch mal in einem Otto-Katalog auf. Deshalb hat GNTM in dieser Staffel mehr denn je den Reality Show-Faktor herausgekehrt und beinahe ausschließlich auf den (angestachelten) Zickenkrieg der Mädchen gesetzt. Die Challenges und wer gewinnen wird – nur noch Nebensache.

Eine Chance geben

Deshalb auch jetzt erst der Name der GNTM 2013-Gewinnerin, interessiert uns alle ja brennend: Lovelyn heißt sie und ist süße 16 Jahre alt. Keine Überraschung. Maike, die rothaarige „un-klassische Schönheit“, hat zu sehr polarisiert, außerdem kommt eine so junge Siegerin immer gut. Dass bis zur letzten Sekunde (Klum zu den beiden letzten Finalistinnen: „Ihr habt den großen Traum, als Topmodel die Welt zu erobern!“) mit eben diesem Traum der jungen Mädchen gespielt wird, davor wird auch (oder: gerade) im achten Jahr nicht zurückgeschreckt. Vorgeführt wie selten wird den Kandidatinnen vorgemacht, eine Karriere wie eine Campbell oder eine Moss starten zu können. Bestes Beispiel: Jacqueline, die religiöse Streberin, die sich nicht sorgfältig genug die Achseln rasiert. Klum sieht das natürlich anders: „Ich möchte ihr eine Chance geben.“ Klar, natürlich.

I wanna scream and shout

Aber zurück zum Live-Finale am Donnerstagabend. Der will.I.am / Britney-Hit „Scream and shout“ mit der Textzeile „I wanna scream and shout and let it all out“ war musikalischer Leitfaden der Show – und unbewusst das Negativ-Motto des Abends. Passend, dass kurz vor der ersten Werbepause zwei junge Aktivistinnen auf die Bühne stürzten, auf deren nackten Oberkörpern „Heidis Horror Picture Show“ geschrieben stand. Und sie hatten nicht unrecht, die Guten, weil Horrorgefühle löste nicht nur Heidi Klums Kleid, sondern der gesamte Abend aus, den man auch mit folgenden Worten zusammenfassen könnte: Barbie-pink, zuckerlsüß, flach, bestandlos, Hallöle, Heidi Klum. Und, natürlich: „Es kann nur Eine Germany’s Next Topmodel werden!“ – wenigstens ist dieses Statement im achten Jahr schon derart zum Kultsatz geworden, dass man drüber lachen kann.

Das war’s dann aber auch schon mit lustig, sonst war der Abend ja eher zum Weinen. Die vier Finalistinnen (Platz 4 ging an Sabrina, Platz 3 an Luise) sind farblos wie schon lange nicht mehr, die Klum wird von Jahr zu Jahr künstlicher, quietschiger, überdrehter. Die Gute ist gerade erst 40 geworden – und wenn sie sich benimmt wie ein pubertierendes Girlie, wird die Grenze zur Peinlichkeit weit überschritten. Mit Aussetzern-Aussagen wie „Mädchen, ich muss den Psy knutschen!“, „Hallöle!“, „Give me Five, Baby!“, „Posen, Posen, Posen!“ oder ein hysterisches „Tschüüühüüüss!“ vor der Werbepause versucht sich Klum, an die GNTM-Zielgruppe anzunähern. Und scheitert dabei kläglich. Dass sie alles „supertoll“, „supercool“ und „gigantisch“ findet, hilft der Sache auch nicht. Klum ist nicht (mehr) hip. Da kann sie mit Tanzkasperl Psy noch so viel herumknutschen. Übrigens: Der passte als Gast perfekt in die Sendung. Bei ihm wird auch sehr viel Hype um nichts gemacht.

Habt Spaß!

Die Challenges an diesem Abend wirkten grotesk wie selten. Dass die Finalistinnen die vier Elemente verkörpern mussten, daran ist ja nichts Besonderes. Einen pseudo-sexy Burlesque-Tanz aufzuführen, mit einem Roboter (!) zu flirten (geht’s noch lächerlicher?!), mit Psy um die Wette zu hüpfen oder auf Stelzen herum zu wackeln, das hat nicht mehr wirklich etwas mit Topmodel-Qualitäten zu tun, sondern eher mit dem Quoten-Zwang, ein interessantes Finale einer immer uninteressanter werdenden Show aus dem Boden stampfen zu müssen. Dass das nicht so ganz aufging, war auch der Klum selbst klar. „Ich hätte mir von euch mehr Action gewünscht, aber gut…“, war sie nach der gescheiterten Stelzen-Einlage der Mädels eingeschnappt. Das gequietscht-gekreischte „Hab Spaß, Maike!“ wenig später klang dann viel mehr nach Drohung als nach Aufmunterung. Genauso wie Klums Ankündigung, dass es „auch 2014 wieder heißen wird: ‚Wer wird Germany’s Next Topmodel?‘“

Die von diesem Jahr heißt Lovelyn. Falls Sie’s schon wieder vergessen haben.

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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