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Published on Juni 9th, 2013 | by Manuel Simbürger

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Liebe ÖSTERREICH: Es reicht!

Liebe Tageszeitung ÖSTERREICH,

ich schreibe selten einen Leserbrief. Oder einen öffentlichen Brief. Oder einen öffentlichen Leserbrief.

Aber es reicht.

Lehrer-Bashing? Seriously?! Immer noch? Ein Armutszeugnis, wenn man versucht, LeserInnen auf diese Weise zu behalten oder zu gewinnen.

Nein, Sie sind nicht die einzige Zeitung, die das macht. Die KRONE steht Ihnen da um nichts nach (und in anderen Bereichen auch nicht, übrigens), der KURIER leider auch meist nicht. Das macht die Sache trotzdem nicht besser (wenn nicht noch schlechter). Wenn Sie in der heutigen Sonntags-Ausgabe titeln: “Lehrer: Nur 607 Stunden in der Klasse” (wenigstens nicht auf der Titelseite, ich war ja ganz überrascht!), dann “kriag i solche Kabeln”.

Ich bin kein Bildungs- oder Schulexperte, und nein, Lehrer bin ich auch nicht. Aber ich denke mit Menschenverstand. Die Arbeit der Lehrer endet nicht, wenn sie in der Schulklasse stehen. Oft geht sie zuhause erst so richtig los und zieht sich oft bis ins Wochenende – Schularbeiten, Hausübungen, Organisatorisches, etc. Das muss man in der Arbeitszeit miteinberechnen. Schade, dass das in der öffentlichen Berichterstattung (fast) nie zur Sprache kommt.

Als Sub-Headline schreiben Sie: “US-Lehrer haben pro Jahr 1.977 Stunden. Gewerkschaft lehnt Mehrarbeit aber ab.”

Geht’s noch polemischer?!

Die USA hat ein anderes Schulsystem (und ein weitaus schlechteres als wir!); ich denke nicht, dass man das einfach so vergleichen kann, zumindest nicht, ohne tiefergehende Analysen anzustellen (und das, wie wir alle wissen, ist ja nicht gerade Ihre Stärke).
Und, so mittendrin, versteckt, darf man im Artikel netterweise lesen, dass es andere Länder gibt, in denen “die Lehrer no weniga hackln” als bei uns. In Finnland zum Beispiel. Hm. Messen wir uns nicht immer so gern an Finnland? Ist dieses Land nicht das Non-Plus-Ultra in Sachen Bildungserziehung? Anscheinend nur, wenn es gerade in die Diskussion passt und die eigenen Argumente festigt (oder zu festigen scheint).

Zu Bundesministerin Schmid will ich an dieser Stelle lieber gar nichts sagen.

Was ich aber sehr wohl sagen will: Beim Thema Lehrer schalten selbst die intelligentesten Menschen ihr Gehirn hab. Weil es geht ja um ihre lieben Kinder, die ja immer sooo arm sind und immer sooo unschuldig, und selbst habe man ja noch dazu “solche Arschlöcher als Lehrer gehabt”.
Nur: Gerade als Journalist sollte man es eigentlich besser wissen, eine Menschen- oder Berufsgruppe nicht über einen Kamm scheren zu dürfen. Und man sollte Dinge hinterfragen. Ja, es gibt schlechte und gute Lehrer. Wie überall anders auch. Im Journalistenbereich zum Beispiel.

Conclusio: Liebe ÖSTERREICH, das Niveau der Zeitung ist sowieso per se schon nicht das höchste. Senken Sie es nicht auch noch mit Lehrer-Bashing.

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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