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Published on Juli 19th, 2013 | by Manuel Simbürger

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Muss das sein, Robbie?

Am Mittwoch war der Robbie Williams in Wien. Was bekannt sein dürfte, war doch ganz Österreich in purer Ekstase und mit 65.000 Leuten im Publikum war das Popspektakel in der Krieau angeblich auch das größte Konzert eines Solo-Entertainers, das es je in Europa gegeben hat (seriously? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen).

Ich persönlich war (leider?) nicht dabei. Vorbei sind die Zeiten, als ich Robbie supercool, supertoll und supersüß fand. Ich war die ersten zwei Male dabei, als er Wien beehrte, ein paar Jährchen ist’s schon her, und, da darf man nichts sagen, die beiden Konzerte waren jedesmal erste Güte. Selten zuvor schaffte es ein Entertainer, eine derart enthusiastische Stimmung im Publikum zu erzeugen, ein derart beinahe schon greifbares Band zu seinen Fans herzustellen. Robbie war, so hatte man damals den Eindruck, tatsächlich für die Bühne geboren.

Und heute? Wie gesagt, ich war nicht dabei, der Kartenpreis war mir dann doch zu hoch, und die neuen Songs von Robbie – naja, sagen wir mal, sie sind nicht auf meiner iPod-Liste. Also habe ich mich, meiner journalistischen Pflicht nachgehend, mal bei ein paar Leuten umgehört, die beim Konzert waren, am Mittwoch Abend. Als die Krieau einer der größten Pop-Stars der Welt begrüßen durfte.

Denn das ist Robbie Williams immer noch, wurde mir von mehreren Seiten bestätigt. Er ist immer noch eine Bühnensau, er hat immer noch eine tolle Stimme, auch das Rundherum auf der Bühne wurde (fast) durchwegs positiv bewertet. Überdimensionale Robbie-Köpfe, eine spektakuläre Lichtshow, ein aus luftigen Höhen herabschwebender Robbie zu Beginn des Abends. Wurde gutgeheißen. Klingt ja vielversprechend.

Auch toll: Das Publikum hat Robbie anscheinend in seiner Karriere begleitet, ist mit ihm älter geworden. Wenige Teenies fanden sich unter der Menschenmenge, dafür viele Mittzwanziger bis Mittvierziger, die Klassiker wie „Angels“, „Rock DJ“ oder „Feel“ auswendig mit trällern konnten. Und auch überraschend viele Männer beschlossen, sich den Williams live zu geben.

Aber Robbie selbst, seine bisher immer so hochgelobte Superstar-Aura? Die kam nicht bei allen rüber, mit denen ich mich unterhielt. Die 3D-Köpfe auf der Bühne wurden als „größenwahnsinnig“ bezeichnet, der Williams sei „schon ein bisschen ein eingebildeter Schnösel“, meinte ein Bekannter. Verbraucht sehe er aus, heiß es auch, seine besten Zeiten, zumindest was sein Aussehen betrifft, seien eindeutig vorbei. Was aber vor allem bemängelt wurde, war Robbies pubertierendes Getue, das wohl damals, vor vielen Jahren, noch zog, jetzt bei einem Fast-Vierziger anscheinend nur noch peinlich rüberkommt. „Fucking“ sei Robbies jedes zweite Wort gewesen, was nicht jedem im Publikum gefallen hat. Auch die Showeinlage, als er eine junge Frau mit reichlich Oberweite auf die Bühne holte, und mit ihr (anhand eines Art Bodyanzugs mit aufgemalten Brustmuskeln und langem Gemächt) angedeuteten Sex hinter einem dreidimensionalen Bett hatte. Dass ihre Brust tatsächlich die schlagenden Argumente waren, die Robbie veranlassten, den weiblichen Fan auf die Bühne zu holen, gab der Sänger auch unverblümt zu (na gut, seine Ehrlichkeit muss man ihn lassen). Wie sich die junge Frau gefühlt hat? Die war wahrscheinlich in dem Moment happy, wenn sie aber in ein paar Monaten drüber nachdenkt, sieht sie das vielleicht anders. Deshalb: Muss das wirklich sein? Auch bei einem Popkonzert? Oder tut Robbie alles, um seinem Bad Boy-Image, das er seit Jahren pflegt, immer noch gerecht zu werden? Scheint so.

Noch weniger als oben genannte Aktion kann ich verstehen, dass Robbie ein Porträt von ihm, das ein Fan im Publikum gezeichnet hatte, öffentlich als „ so gut, dass ich es mir aufs Klo hängen kann“ bezeichnete. Das ist dann nicht mehr cool, nicht mehr lässig, nicht mehr sexy, sondern nur noch beleidigend.

Aber wie gesagt, ich war ja nicht dabei. Vielleicht auch besser so.

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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