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Published on August 16th, 2013 | by Manuel Simbürger

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“Pain & Gain”: Wenn Testosteron die Satire killt

Mark Wahlberg ist für seine Muskelberge genauso bekannt wie für seine schauspielerischen Leistungen. Dwayne „The Rock“ Johnson auch, der war ja früher auch Wrestler. Und Anthony Mackie … naja, der hat halt auch ein paar Muskeln. Also tun sich die drei für einen Film zusammen, in dem es, in gewisser Weise, um genau das geht: Muskeln. Als Regisseur dient Michael Bay, natürlich, der Testosteron-Wandler auf zwei Beinen, der mit der „Transformers“-Reihe dem Männerkino einen weiteren Meilenstein geschenkt verpasst hat. Dass „Pain & Gain“ also auch ein Buddy-Men-Movie wurde, war da fast zu erwarten. Allerdings kündigte Bay an, vor dem nächsten „Transformers“-Kabumm (in dem übrigens auch Wahlberg die Hauptrolle spielt) einen „kleinen, intimen“ Film abliefern zu wollen, der „den wahren Bay” zeigen sollte. Deshalb bin ich so froh, „Pain & Gain“ gesehen zu haben.

Weil meine Meinung bestätigt wurde.

Bay ist sexistisch, oberflächlich, zutiefst zynisch und mit einem Hang zu flachen Witzen. Und er scheint sich selbst (und der Welt) in Minuten-Takt beweisen zu müssen, dass er ganz zwei ganz dicke Eier in der Hose hat.

Zur Story

Aber mal zur Story von „Pain & Gain“. Diese spielt in Miami, irgendwann in den 1990er Jahren, und basiert auf „wahren Ereignissen“ (wie uns, zugegebenermaßen auf sehr lustige Art und Weise, mittels Einblendung in der Mitte des Films nochmals bestätigt wird). Der Privattrainer Daniel Lugo (Wahlberg) ist unzufrieden mit seinem Leben. Für ihn ist Sport und Aussehen alles, warum das der Rest der Welt nicht auch so sieht, versteht er nicht. Er fühlt sich leer. In einem Motivationsseminar des Selbsthilfegurus Johnny Wu (Ken Jeong) lernt er auch, wieso das so ist: Er ist ein Don’t-er und kein Do-er! Natürlich will Lugo ein Do-er im Leben werden. Also tut er sich mit seinen best buddys Adrian Doorbal (Mackie), der durch zuviel Steroide seine Manneskraft verloren hat, und Paul Doyle (Johnson), einem Ex-Knackie, der mit Hilfe von Jesus wieder zurück ins Leben finden möchte, zusammen. Die Gang, die später unter dem Namen „Sun Gym Gang“ bekannt werden sollte, entführt Lugos reichen Kunden Victor Kernshaw (Tony „Monk“ Shalhoub), um dessen Millionen aus ihm herauszufoltern. Die Muskel-Männer stellen sich von Anfang an nicht besonders klug an, trotzdem gelingt es ihnen, dass Kernshaw ihnen sein gesamtes Vermögen überschreibt. Der Mordanschlag auf ihn geht allerdings schief, Kernshaw entkommt und schwört auf Rache – und der Ex-Cop Ed DuBois (Ed Harris) ist nur allzu gern bereit, ihm bei seinem Feldzug zu helfen. Eine wilde Verfolgungsjagd und jede Menge linke Machenschaften beginnen – und immer mehr Leichen pflastern den Weg der „Sun Gym Gang” …

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Intim mal anders

Natürlich, der Plot klingt gut. Und besonders mit Wahlberg, Shalhoub und Harris (und, je nachdem, wen man fragt, auch Johnson) wäre da auch einiges drin gewesen. Nicht, dass diese Herren enttäuschen, sie gehen in ihren Rollen auf, und besonders Wahlberg beweist nach „Ted“ einmal mehr, dass ihm Black-Comedys genauso liegen wie Actionkracher. „Pain & Gain“ kommt ja eigentlich als Mix dieser beiden Genres daher, also fühlt sich Wahlberg im Streifen nicht überraschend sichtlich mehr als wohl. Retten kann aber auch er den Film nicht. Und Johnson, dem die interessanteste Rolle des gesamten Films anvertraut wurde, stößt mit seinen schauspielerischen Leistungen auch ganz klar an seine Grenzen. Gut, dass der Typ Muskeln hat.

Was also ist schiefgelaufen? Die Antwort ist einfach: Bay. Dass er unter „klein und intim“ zeitlupen-affine Fights, abgeschnittene Gliedmaßen, genussvoll inszenierte Folterszenen und rasend-schnelle Autoverfolgungsjagden versteht – gut, ist eben so. In diesen Punkten macht „Pain & Gain“ seine Sache auch nicht schlecht (sieht man von der auffälligen Tarantino-Anbiederung ab) und liefert dem (männlichen) Publikum auch genau das, was es vom Trio Bay-Wahlberg-Johnson erwartet. Dass es sich bei der Story tatsächlich um eine wahre Geschichte handelt (zwei Mitglieder der „Sun Gym Gang“ sitzen noch heute in der Todeszelle), bezweifelt der Film selbst an der einen oder anderen Stelle mit herrlicher Ironie und erweckt in diesen Momenten den Eindruck, dass er sich selbst nicht zu ernst nimmt. Was zu begrüßen gewesen wäre.

Bay, seriously?!

Aber genau da liegt das Problem: Meint Bay seine Action-Comedy tatsächlich nicht ernst? Dass es hier um Männer geht, die um jeden Preis den Amerikanischen Traum verwirklichen wollen, ist offensichtlich. Dass dieser durch deren Unfähigkeit und den vielen skurrilen Geschehnissen aber nicht weniger als ad absurdum und pervertiert wird – ist das auch Bay klar? „Pain & Gain“ schwankt zwischen Satire und hartem Thriller, der die dunkle Seite der menschlichen Seele (und der USA) zum Vorschein bringen möchte. Wenn Johnson alias Doyle die von der Leiche abgehackten Hände am Griller schmoren lässt, umgeben vom perfekten Vorstadt-Garten mit weißem Zaun – dann hat das Aussagekraft bis in den letzten Szenenwinkel. Man ist sich allerdings nicht ganz sicher, ob das auch Bay bewusst ist, viel zu flach, zu oberflächlich und zum Teil selbstverliebt präsentieren sich 90 Prozent des Films. Zu beliebig ist die Inszenierung geworden, sodass herrliche ironische Untertöne allzu selten vorkommen und meist vom gewillten Zuseher auch reininterpretiert werden müssen. Dass dickleibige Frauen zum Kotzen anregen und schwule Männer verhauen gehören, ist in der Bay-Welt beinahe selbstverständlich. Und wird auch in „Pain & Gain“ nicht ausgespart. Was den (schleppenden) Filmspaß noch weiter trübt.

Nicht die schlechteste Kino-Erfahrung

„Pain & Gain“ ist ein testosterongeladener, schwarzhumoriger Actionkracher und Muskel-Porno á la Bay geworden, der sein Potenzial nicht ausschöpft, dem männlichen Publikum aber das gibt, was es (angeblich) will und braucht. Statt Riesenrobotern prügeln sich hier Muskelpakete, was beweist, dass Bay nicht aus seiner Haut raus kann. Schade. Ein anderer Regisseur wäre der Story zu wünschen gewesen.

Aber nicht, dass „Pain & Gain“ ein vollkommener Reinfall wäre. Wir dürfen schließlich 129 Minuten lang beobachten, wie Wahlberg und Johnson ihre Muskeln spielen lassen. Und das ist nicht die schlechteste Erfahrung, die man in einem Kinosaal machen kann.

Pcjid

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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