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Published on März 23rd, 2014 | by Manuel Simbürger

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Revolverheld live in Wien: Helden wie Du und Ich

„Ihr seht, wir sind über die Jahre viel professioneller geworden.“ Johannes Strate, Deutschlands sexiester Sänger, begnadeter Songwriter und mein Wunsch-Ehemann, nimmt’s mit Galgenhumor. Da steht er mit seiner Band Revolverheld vor einer ausverkauften Konzerthalle (nämlich im Gasometer, das zwar Flair hat, aber nicht mit bester Akustik punkten kann) und nix scheint zu funktionieren auf der Bühne. Als erstes verkacken die Jungs den „so perfekten“ Übergang zum zweiten Song des Abends, nämlich dem Gute-Laune-Lied „Mein Leben ist super“. Dann reißt dem Bassisten (der irgendwie nicht zur Band gehört, aber irgendwie schon) gleich mal die Saite („Das ist mir ohne Scheiß noch nie passiert!“) und ungefähr drei Minuten danach ist die Pedale von Strate himself defekt (diese Pedale, auf den Musiker immer so herumdrücken … you know what I mean).

Nur, dass die Jungs wirklich, tatsächlich professioneller geworden sind über die Jahre. Denn nur die Großen, die Talentierten, die mit dem gewissen Etwas schaffen es, trotz technischer Pannen die Stimmung nicht abflauen zu lassen (sondern in gigantische Höhen zu katapultieren, von denen auch Superstars wie Britney oder Madonna nur träumen können). Trotz technischer Pannen eine Show abzuliefern, die perfekter in dem, was sie sein will – nämlich ein Pop-Rock-Wir-sind-alle-Freunde-Konzert – nicht sein könnte. Perfektion dank Unperfektion (falls es dieses Wort gibt).

Ja, die deutsche Band Revolverheld hat am Samstagabend im Wiener Gasometer bewiesen, wieso sie derzeit der heißeste Export aus unserem Nachbarland sind. Obwohl die „neue neue deutsche Welle“ á la Juni, Silbermond und Christina Stürmer schon längst beim Versinken ist, schaffen es Revolverheld doch, immer noch erfolgreich in den Charts mitzumischen – und vor ausverkauften Hallen zu spielen. War das Konzert zuerst für die Szene geplant gewesen, wäre wegen erfolgreichem Ticketverkauf das Flex dran gewesen. Und weil noch mehr Tickets verkauft wurden, wurde es schließlich das Gasometer. Das sind alles keine Stadthallen, aber das muss auch nicht sein. Sollte es vielleicht gar nicht sein.

Denn Revolverheld lebt vom „Jungs von nebenan“-Charme. Zwar gutaussehend, aber keine Models (bis auf Strate, eh klar) erzählen sie frei und gut gelaunt von ihrem (nicht sehr erfolgreichen) Studentenleben, von ihren ersten Konzerterlebnissen (Prince! Sting! Hasselhoff! Kreisch!), von ihren wilden Partynächten und von der Sentimentalität, die sie überkommt, wenn sie an ihre Jugendtage kennen. Dazu noch Songtexte, die aus dem Leben gegriffen sind und Songs, die perfekt zwischen Party, Ballade und irgendwas zwischendrin pendeln – und schon ist die Verbundenheit mit dem Publikum hergestellt. Da oben, vor uns hingerissenem Publikum, stehen Jungs auf der Bühne, die abrocken, die herumhüpfen, die lachen, die auch mal auf übertrieben cool machen, die Selbstironie beweisen – und die einfach nur ihren Spaß haben. Spaß, den Johannes, Kristoffer, Niels und Jakob seit dem Beginn ihrer Band im Jahre 2002 (!) nicht verloren haben. Das sieht man ihnen an., jede Minute, jede Sekunde, jeden Takt, jeden perfekt getroffenen Ton. Und während wir sie schon längst als unsere Helden, als neue Helden von morgen feiern, können es die Jungs selbst nicht begreifen, dass ihnen tausende Fans im Altersspektrum von 6 bis 40 zujubeln. Die wollen doch einfach nur Spaß haben. Mit ihren Songs, die sie irgendwann geschrieben haben, als sie in den Semesterferien unterwegs nach Schweden waren.

Also freuen wir uns mit ihnen. Finden es genauso ur-leiwand wie Revolverheld selbst und fühlen uns wie eine große, coole Chuzpe, die heraußen hat, wie die Welt läuft. Oder eigentlich nicht, und darauf stolz ist. Die gemeinsam einfach den Moment lebt, zwischen Selbstreflexion und Selbst-Verkenntnis. Wenigstens für knappe zwei Stunden lang. Das kann uns keiner nehmen.

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Tracklist:

Immer in Bewegung
Mein Leben ist super
Ich werd die Welt verändern
Bands deiner Jugend
Hinter der Elbe New York
Das kann uns keiner nehmen
Sommer in Schweden
Spinner
Worte die bleiben
Neu anfangen
Ich lass für dich das Licht an
Ich werd nie erwachsen
Die Welt steht still
Keine Liebeslieder
Darf ich bitten
Deine Nähe tut mir weh
Lass uns gehen
Freunde bleiben

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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