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Published on März 3rd, 2014 | by Manuel Simbürger

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Selfies & Pizza: Oscars 2014

Dieses “Best.Selfie.Ever.” ließ Twitter zusammenbrechen. Über 2 Mio. Re-Tweets: Twitter-Rekord!

Es war eine lange und vielleicht nicht ganz so spannende, dafür aber umso unterhaltsamere Nacht: Es hat sich definitiv gelohnt, die Verleihung der Academy Awards 2014 live mitzuerleben und dafür auf einige Stunden (oder eigentlich die ganze Nacht) Schlaf zu verzichten. Denn das erste Mal seit Jahren präsentierten sich die Oscars nicht als abgehobene Selbstbeweihräucherungs-Veranstaltung, sondern als Party, auf die (gaaaaaaanz theoretisch) auch du und ich gehen könnten. Kurz: Die Oscars sind zeitgenössisch geworden.

Best. Selfie. Ever. 

Was zu einem großen Teil Host Ellen DeGeneres zu verdanken war. Wie zu erwarten führte sie souverän durch den Abend und fand die schwierige und sehr schmale Balance zwischen Übertreibung und Langeweile. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Ihre Witze waren pointiert, aber (anders wie beim Vorgänger Seth MacFarlane) nie beleidigend. Sie verließ die Bühne und mischte sich unters Publikum, zog die Stars mit in die Moderation ein – und zwar nicht nur, indem diese ein paar Zeilen in einem Musical-Song trällern durften. Denn von kitschigen Perfomances und gezwungenem Hochleben-Lassen des alten Hollywood-Flair nahm man diesmal bewusst Abstand. Nicht das good old Hollywood, sondern das Hollywood der Gegenwart wurde gefeiert.

Das zeigte sich dadurch, dass Ellen gemeinsam mit Promis dem Selfie-Trend folgte (die Fotos wurden wenige Sekunden später auf Twitter hochgeladen) und, tatsächlich spontan, zu einem geschichtsträchtigen Selfie mit Meryl Streep, Julia Roberts, Amy Adams, Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Channing Tatuum, Jared Leto, Lupita Nyongo’o, Brangelina und Kevin Spacey aufrief (die sich alle drum prügelten, auf dem Foto drauf zu sein). Best. Selfie. Ever. Das kam beim Millionen-Publikum an: Kurz nach dem Gruppen-Selfie brach der Twitter-Server zusammen.

Julia spachtelt gern und Brad ist geizig 

Es blieb aber nicht nur bei lustigen Selbstporträts: Es wurde auch herzhaft Pizza gemampft, die während der Veranstaltung geliefert wurde – der Pizzaboy war wohl der glücklichste Mann des Abends. Pizza bei den Oscars?! Vor Jahren (und wahrscheinlich noch voriges Jahr) wäre dies unmöglich gewesen. Die Oscar-Menschen dürften aber endlich verstanden haben, dass es nicht gut ankommt, sich im Jahr 2014, in dem ganz gewöhnliche Menschen dank YouTube schneller zu Stars werden als so mancher Schauspieler in Hollywood, als abgehobene Preisverleihung zu präsentieren. Und dass das Publikum vor dem TV-Bildschirm erstrangig nicht die Gewinner auf der Bühne sehen will, sondern all die Stars rundherum. Also lernten wir diese Nacht, dass Kevin Spacey und Kerri Washington als erste aufzeigen, wenn nach Pizza gefragt wird, dass Julia Roberts und Meryl Streep begeistert bei eben dieser zugreifen, dass Brad Pitt ein geiziger Trinkgeldgeber ist (aber auch gern Pizza nascht), dass Bradley Cooper nicht ganz so lange Arme hat wie Ellen sich das wünschen würde, dass Jonah Hill in „The Wolf of Wall Street” etwas zeigt, dass Ellen sehr lange nicht mehr gesehen hat, und dass Meryl Streep, Amy Adams und Lupita Nyong’o überraschend sexy tanzen können. Dafür hat sich Adams (und auch mal Charlize Theron) furchtbar gelangweilt.

Apropos tanzen: auch bei den Live-Performances gaben sich die Oscars heuer eher im Stil der Grammys oder den American Music Awards. Statt imposanten Musical-Nummern rockten U2 die Bühne, sorgte Pharrell Williams für gute Stimmung, überraschte Pink mit einer gefühlvoll-kraftvollen Version von „Over the Rainbow” und Idina Menzel als auch Karen O. sorgten mit ihren Balladen für Gänsehaut. Sogar das Bühnenbild während der Preisübergaben hielt sich gekonnt zurück und setze statt auf Chichi auf schlichte Eleganz.

Die besten Oscars-Momente gibt es hier.

„Gravity” als großer Gewinner

Am Ende des Abends ging es dann aber natürlich doch darum, wer die begehrten Oscar-Statuetten mit nachhause nehmen darf. Hier verlief die Vernstaltung im Großen und Ganzen ohne große Überraschungen, auch wenn wohl sehr wenige damit gerechnet hätten, dass „American Hustle” komplett ohne Auszeichnung ausgehen würde. Somit ist der Seventies-Film der große Verlierer des Abends, sozusagen, ging er doch mit stattlichen 10 Nominierungen ins Rennen. Dafür räumte das Weltraum-Spektakel „Gravity” gleich sieben Oscars ab, darunter „Beste Regie” für Alfonso Cuarón. „American Hustle” war vielleicht nicht der allerbeste Film, dafür hatte er zu viele Längen, aber gar kein Preis?! Come on, Academy! Zumindest für „Beste Kostüme” hätte einer drin sein müssen. Look at Christian Bale and Amy Adams!

Dass dafür ein Blockbuster wie „Gravity” groß abräumt, ist nicht so ungewöhnlich, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Man hat beispielsweise schon bei „Lord of the Rings” gesehen, dass die Academy drauf steht, wenn filmische Technik angewandt wird, die es bis zu dem Zeitpunkt in dieser Form so noch nicht gab. Als „Bester Film” wurde dann aber ohnehin, auch hier ohne Überraschung, das Sklaverei-Drama „12 Years A Slave” ausgezeichnet. Hollywood und Filme, die die eigene Geschichte ernstnehmen? Sowas funktioniert immer. Einzig die Kategorie „Bestes Drehbuch” ließ aufhorchen – diese ging nämlich wider Erwarten an „Her”, ein Film, der als klarer Außenseiter der diesjährigen Oscars gehandelt wurde (es blieb aber auch nur bei diesem einen Oscar).

„Leider Nein” für DiCaprio und Adams 

Als „Beste Nebendarstellerin” wurde absolut zurecht Lupita Nyongo’o für ihre Rolle in „12 Years A Slave” ausgezeichnet. Wenn die neu gekürte Modeikone ein gutes Händchen für vielfältige Rollen beweist, könnte ihr eine große Karriere bevorstehen. „Bester Nebendarsteller” ging an Favorit Jared Leto, der in „Dallas Buyers Club” einen Transsexuellen spielt und sich dafür bis auf die Knochen abmagerte. Genauso wie sein Film-Kollege Matthew McConaughey, der während der Dreharbeiten nur noch etwas über 50 Kilogramm wog. Das ist abschreckend wie bewundernswert zugleich – jedoch, ganz ehrlich: Hätten zumindest McConaughey nicht „Mut zur Hässlichkeit” bewiesen, wie seine Leistung so gern umschrieben wird, hätte er die Auszeichnung wahrscheinlich nicht bekommen. Körperliche Transformation für eine Rolle kommt bei der Academy immer gut an, man erinnere sich an Hilary Swank („Million Dollar Baby”) oder Charlize Theron („Monster”). Ich hätte es Leo DiCaprio so sehr gegönnt, dass er endlich mal einen Oscar mit nachhause nehmen darf – fast scheint es so, als würde sich die Oscar-Jury mittlerweile einen Spaß daraus machen, DiCaprio zu nominieren, aber schlussendlich nicht auszuzeichnen.

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“It was supposed to be mine.”

Ähnlich geht’s mir mit Amy Adams, die sich in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin” Cate Blanchett („Blue Jasmine”) geschlagen geben musste. Blanchett lieferte wie immer zwar eine famose Leistung ab, Adams aber zählt seit Jahren zu den talentiertesten und bestbezahltesten Schauspielerinnen Hollywoods, zum Status „Superstar” scheint es aber nie ganz zu reichen. Eine Oscar-Auszeichnung hätte sie mehr als verdient.

Ungemütlich
Die Dankesreden übrigens waren wie immer nett und mitunter ergreifend, aber eigentlich ohne Highlights oder Skandale. Wobei, zwei ganz stille Momente gab es dann doch, als es im Saal des Dolby Theatre ungemütlich wurde: Als „Blue Jasmine” als „Best Movie” vorgestellt wurde und Cate Blanchett in ihrer Rede Regisseur Woody Allen dankte, kam nur mehr als zurückhaltender Applaus. Allen nämlich wird aktuell des Kindesmissbrauchs bezichtigt. Da wusste man dann doch nicht so recht: Darf man den jetzt immer noch gut finden?!

Also, kurz: die Oscars machten dieses Jahr richtig Spaß. Weil sich die Verleihung volksnah (sozusagen) gab. Ein Twitter-User hat den Funfaktor auf den Punkt gebracht: „It’s nice to see rich people having regular people fun.”

Die komplette Gewinner-Liste gibt es hier

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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