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Published on Mai 5th, 2014 | by Manuel Simbürger

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Wenn Hollywood-Blondinen denken

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Beverly Hills, 90210““-Blondine Jennie Garth hat ein Buch geschrieben. Über ihr Leben, ihre Karriere, ihr Blond-Sein. Das liest sich amüsant, wenn auch leider nicht so spektakulär wie erhofft.

Wenn man eine Biographie über sein Hollywood-Leben und seine Hollywood-Karriere schreibt, dann sollte man eine bitch sein. Freunde und Kollegen in die Pfanne hauen? Klar, immer, lässt die Verkaufszahlen steigen! Geheimnisse ausplaudern? Sowieso, dafür sind sie doch da!

Jennie Garth aber, die Kelly Taylor aus dem TV-Klassiker „Beverly Hills, 90210“, ist eine gar und gar nette Person. Wirklich. Sie respektiert ihre Mitmenschen, versteckt ihre Fehler nicht, versucht, ein relativ normales Leben zu führen. Und so löblich dies auch sein mag – genau das ist die Schwachstelle ihres Buch-Debüts „Deep Thoughts from a Hollywood Blonde“. Denn nette Leute haben meist auch nicht allzu Aufregendes zu erzählen.

Keine Skandale

Sind wir uns ehrlich: die meisten von uns kaufen Biographien von Serien- und Filmstars, um Gossip aus erster Hand zu erfahren. War die hinter den Kulissen wirklich so eine Diva? Hat der wirklich mit all seinen Kolleginnen geschlafen? Und wie war der Co-Star denn nun so im Bett? Tori Spelling, ebenso bekannte „90210“-Blondine, hat dieses Prinzip begriffen und schmeißt seit Jahren erfolgreich eine Biographie nach der nächsten auf den Markt. Hier wird alles ausgeplaudert, vor keinen KollegInnen Halt gemacht, durch jede verschlossene Tür wird durchs Schlüsselloch geschaut. Das alles mag zwar einen literarischen Nullwert haben, ist aber gute Unterhaltung und liefert den Fans genau das, was sie wollen.

„Deep Thoughts from a Hollywood Blonde“ aber geht leider nicht den Spelling-Weg. Genau an den wirklich interessanten Stellen des Buches – hinter den Kulissen von „90210“ und „What I like about you“, die Streitigkeiten mit Exmann Peter Facinelli – bleibt das Buch auf merkwürdige Weise oberflächlich und vage, gibt nur einen kleinen Einblick, wie das alles wirklich so war. „Das alles“ ist aber genau das, was wir wissen wollen, warum wir das Buch gekauft haben. Wie war die Stimmung am „90210“-Set, als Shannen Doherty von dannen zog (oder ziehen musste)? Wieso spricht sie mit Ex-BFF Tiffani Thiessen kein Wort mehr? War Amanda Bynes damals schon so crazy? Was denkt Garth über die späteren „90210“-Staffeln wirklich? Warum dankt sie am Ende des Buches allen „90210“-Kolleginnen, nur Gabriele Carteris nicht? Und welche Kämpfe haben sie und Facinelli hinter verschlossenen Türen geführt? Die Antworten auf diese sooo brennenden Fragen (halt die wirklich wichtigen Fragen des Lebens) bleibt uns Garth zwar nicht immer zur Gänze schuldig, man hätte sich aber mehr Mut, mehr Tiefgang erwartet. Stattdessen erzählt sie detailgenau über ihre Kindheit und ihre Beziehung zu ihren Eltern. Und darüber, wie ihre Garderobe bei „90210“ ausgesehen hat. Das ist nett, um es mal so zu sagen, aber nicht wirklich das, was wir alle lesen wollen. Vor allem auch, weil die meisten „Backstage-Storys“ den Fans schon bekannt sind.

Innere Zerrissenheit

Merkwürdig auch, dass Garth sich, wenn sie doch mal in die ehemalige „90210“-Zeit abtaucht, zuweilen Dinge durcheinander zu bringen scheint. So zum Beispiel spricht sie von der fünften und sechsten Staffel der Serie als „Highschool-Jahre“, was so sehr an der Wahrheit vorbei ist, dass es dem Fan fast weh tut beim Lesen. Sie berichtet, wie schwer es ihr fiel, einen Teenager zu spielen, als sie schwanger war – blöd nur, dass sie das gar nicht getan hat, weil Kelly Taylor zu diesem Zeitpunkt schon 22 Jahre alt war. Auch den Namen der High School schreibt Garth falsch („Beverly High School“ anstatt „West Beverly“) und das Jahr, in dem Luke Perry zur Gang gestoßen ist, hat sie auch falsch in Erinnerung. Da fragt man sich verärgert, wieso wenigstens Co-Writer Emily Heckman keinen Fakten-Check durchgeführt hat.

Man hat das Gefühl, Garth hält sich beim Schreiben (oder Schreiben-Lassen) zurück, pendelt zwischen der Notwendigkeit, ein ganzes Buch mit ihrem Leben zu füllen, und dem inneren Widerwillen, zu viel von sich preiszugeben. Sie will andere nicht verletzen, also spricht sie von beinahe allen Personen, von denen sie im Buch erzählt, von ihren „wirklich besten Freunden“, was man irgendwann nur noch mit einem Augenrollen quittiert.

Ein Gutmensch

Aber, weil Jennie eben so ein Gutmensch ist, weiß man trotz all dem Geheimnisse-Hüten doch, dass man ein sehr ehrlich Buch in den Händen hält. Immer wieder betont die Schauspielerin, wie schwer es ihr fällt, sich anderen Leuten zu öffnen, sich in die Karten schauen zu lassen. Welch eine Herausforderung dieses Buch für sie ist – all das nimmt man ihr zu jeder Sekunde, auf jeder Seite ab. Anders als viele andere Promi-Bio-Schreiblinge versucht Garth, das Erzählte nicht nur aus ihrer Schild zu schildern, sondern gibt sich an vielen Ereignissen, an vielen Streitereien auch selbst die Schuld. Selbst die Scheidung von Facinelli scheint sie auf ihre Kappe zu nehmen. Und weil sie eben nichts Schlechtes sagen und erzählen möchte, lässt sie das „90210“-Remake gleich vollkommen außen vor.

Ja, Jennie Garth ist eben eine durch und durch nette Person. So nett, dass böse Zungen an dieser Stelle „langweilig“ sagen würden.

Aber ich bin ja nett.

(Übrigens hat nun auch Jason “Brandon Walsh” Priestley eine Biographie geschrieben. Und Gerüchten zufolge soll der über seine Ex-KollegInnen (heißt: Shannen Doherty) nicht so nett geschrieben haben).

Auch darüber, wie dieses Bild entstanden ist, hat Jennie Garth in "Deep Thoughts of a Hollywood Blonde" geschrieben. (c) FOX

Auch darüber, wie dieses Bild entstanden ist, hat Jennie Garth in “Deep Thoughts of a Hollywood Blonde” geschrieben.
(c) FOX

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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