Der Tag, an dem ich ... 2014-06-27 16.47.28

Published on Juni 30th, 2014 | by Manuel Simbürger

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“Schwulenhassende CDU-Wähler vom rechten Rand: kommt nicht zu unserem Konzert!”

Revolverheld gehören aktuell zu den erfolgreichen deutschen Musik-Acts. Beim gemütlichen Backstage-Plausch sprachen Johannes Strate und Co über die Fußall-WM, ihr Balladen-Image und üben harsche Kritik an der Politik der CDU. Plus: Wieso „Weiße Wolke” der falsche Bandname wäre.

Die Jungs von Revolverheld erleben gerade ihren Karrieresommer. Mit dem rundum gelungenen und abwechslungsreichen Album „Immer in Bewegung” (Gold-Auszeichnung!) sowie mit der Sommerliebe-Schmachtballade „Ich lass für dich das Licht an” (ebenso) stürmen die vier Hamburger seit Monaten die Charts – und gehören damit zu den derzeit erfolgreichsten Musikexporten aus Deutschland. Mit dem Charme der „Jungs von nebenan”, die die Welt verändern wollen (Verdruss der Jugend, Entschleunigung, Selbstsabotage, Umweltschutz), dabei aber eine gute Zeit habe, erreichen sie Mädels genauso wie Jungs, Frauen genauso wie Männer, Popfans genauso wie Festival-Headbbanger. Ihre Tour ist ausverkauft – eine Tour, bei denen Johannes, Kristoffer, Niels und Jakob ein noch nie zuvor dagewesener Hype umgibt.

Apropos Festival: Am österreichischen Donauinselfest (eines der größten und erfolgreichsten Open-Air-Festivals Europas) vergangenes Wochenende rockten Revolverheld wiedermal die Bühne – und mehr als 50.000 Fans waren begeistert. Im Publikum wurden mit den Fingern Herzchen geformt, wurde mitgesprungen und natürlich ganz laut mitgesungen. Ich hatte das Glück, einen der begehrten Interviewslots mit den Jungs zu bekommen – und während dieses Termins ging es genauso locker und unkompliziert zu wie auf der Bühne. Während bei anderen Bands dieser Größenordnung die Manager mit spitzen Ohren dem Interview beiwohnen und die Musiker wohl überlegte, künstlich-geformte Antworten geben, darf man mit Revolverheld ganz allein im Trailer sein. Man darf sich sogar den Interviewort aussuchen – und ein Selfie mit den Jungs geht zum Schluss auch noch. Die Freunde reden frei von der Leber weg, lachen, bedanken sich artig für Lob und durchbohren einen auch schon mal mit Blicken (Johannes und Niels können das sehr gut!).

Für mich besonders bemerkenswert: Als ich die Burschen vor drei Jahren schon mal interviewen durfte – in einer Zeit, in der sie erfolgreich, aber doch noch aufstrebend waren -, waren sie genauso locker drauf wie vor ein paar Tagen, redeten durcheinander, machten Scherze und widersprachen sich auch schon mal. Der Erfolg hat die Hamburger nicht verändert. Wenn man dieser Runde beiwohnt, spürt man sofort die tiefe Freundschaft, die zwischen den Jung herrscht, die Einigkeit und das gemeinsame Wissen, sich gegenseitig immer den Rücken zu stärken. Revolverheld präsentieren das, was man so gern „Männerfreundschaft” nennt.

Toll: Sie erinnerten sich sogar noch an unser damaliges Gespräch – was bei weitem nicht selbstverständlich ist. Man hat das Gefühl, dass man sich sowohl damals als auch heute in lockerer Atmosphäre mit alten Bekannten unterhält, die man lang nicht mehr gesehen hat. Nur das Styling ist heute um einiges besser als vor drei Jahren.

Verfolgt ihr die WM?
Johannes: Klar. Wir sind ja alle Fußball-Fans. Wir gucken aber auch Vereinsfußball. Ist ja oft so, dass bei der WM viele Leute zugucken, die mit Fußball normalerweise nichts am Hut haben. Meine Nachbarn zum Beispiel: jetzt während der WM muss ich mich plötzlich mit zwei fachsimpelnden Damen auseinandersetzen, die alle vier Jahre mal Fußball gucken!
(alle lachen)
Kristoffer: Ja, das hatte ich auch schon!
Johannes: Das nervt unglaublich. Da versuchen sie dann einen in ein Gespräch zu verwickeln, so in etwa: „Ja, das war supergeil vom Neuer, Kugelball oder so…” Und: „Was ist denn los mit den Jungs?!”, wenn es nach einer viertel Stunde 0:0 steht. Das nervt. Aber egal, Deutschland ist noch dabei, das ist super!

Mit welchem Satz kann man den Fußball-Wissen vortäuschen und sich durch ein Gespräch mit WM-Fanatikern schummeln?
Johannes: Ich würde die Fresse halten.
(alle lachen und stimmen zu)
Kristoffer: Ja, ich auch. Weil einen Nicht-Fußball-Fan entlarvst du schon beim ersten Satz.
Johannes: Obwohl, wenn es ein Foul gibt, kann man sich immer aufregen, dass es ja kein Foul war!
Kristoffer: Wenn dann aber nachgefragt wird, wird’s eng.
Johannes: Okay. Aber mit FIFA und Korruption kann man immer kommen, das zieht immer.
Kristoffer: Wenn jemand im Abseits steht, dann sagt man einfach „Boah, jetzt ist der gut aufgerückt!” Das geht auch meistens.
Johannes: Aber bitte nicht sowas wie: „Also, die Trikots von den Portugiesen sind ja echt die schönsten!” Oh Gott ….

Ihr habt wahrscheinlich das Spiel Deutschland – USA gesehen. Eure Meinung?
Jakob:
Ja, das war aber langweilig. Leider.
Niels: Sie haben erstaunlich dominant gespielt. Sie wollten sich nicht die Blöße geben, haben den Ball kontrolliert. Auf Risiko haben sie nicht gespielt.
Johannes: Man hat schon gemerkt, dass sie gewinnen wollten.
Niels: Ist ja auch okay, finde ich, aber für den Fan ist es halt dann nicht wirklich spannend anzuschauen …
Kristoffer: War auch offensichtlich, dass sie Kräfte sparen wollten. Ist aber auch verständlich, wenn man bedenkt, was noch kommt!
Jakob: Man hat ja gesehen, dass die eine oder andere europäische Mannschaft damit nicht klargekommen und dann ausgeschieden ist.

Allgemein: Seid ihr mit der deutschen Mannschaft bisher zufrieden?
Johannes:
Ja, ist schon ganz souverän, was sie machen. Dass sich die Gegner manchmal hinten reinstellen und dass das dann kein schönes Spiel wird, ist klar. Das passiert in der Bundesliga genauso oder in jeder anderen Liga, in der die Großen gegen die Kleinen spielen. Nur: ab jetzt zählt’s, was sie leisten. Algerien muss eine lösbare Aufgabe sein. (alle stimmen zu) Und ab dann wird’s wirklich spannend. Wenn sie jetzt rausfliegen, wäre es eine Riesenenttäuschung.
Jakob: Ihre Spieltaktik unterscheidet sich stark von der vor vier Jahren. Da haben sie noch deutlich schöner gespielt. Aber heute spielen sie kontrollierter und auch reifer.
Johannes: Stand ja auch heute im „Spiegel”, nämlich dass die deutsche Mannschaft die „reifste Mannschaft” der WM ist.
Kristoffer: Weiß nicht, ob das stimmt! (lacht)
Johannes: Naja, sie sehen zumindest reifer aus. (lacht)

Wer wird die WM denn gewinnen?
Kristoffer:
Schwierige Frage.
Niels: Es gab schon so viele Überraschungen, dass man da echt keine Prognose mehr stellen kann. Alle, die auf Spanien oder Italien getippt haben, haben ja falsch gelegen. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass es eine südamerikanische Mannschaft macht. Die sind wahnsinnig motiviert alle und haben ihre Fans im Rücken. Die treten auch zum Teil ganz anders auf als die europäischen Mannschaften, spielen total aggressiv und mit unbändigem Willen. Könnte ich mir schon vorstellen, dass sich das bis zum Finale durchsetzt.

Na kommt, nennt mir eine bestimmte Mannschaft!
Johannes:
Ich hab ganz am Anfang auf Belgien getippt, da muss ich jetzt auch dabei bleiben.
Jakob: Dann muss ich bei Deutschland bleiben. Wobei ich auch ganz bei Niels bin.
Kristoffer: Vielleicht gibt es ja auch mal eine richtige Überraschung. Wäre ja auch mal was Schönes!
Johannes: Griechenland!
Kristoffer: Costa Rica wäre der Hammer. Oder Chile …
Johannes: Wird aber beides nicht passieren, na komm!
Kristoffer: Wäre aber geil. Wenn schon nicht Deutschland gewinnt, natürlich!

Themenwechsel. Die Organisatoren des Donauinselfestes haben euch mit den Worten angekündigt, dass „Revolverheld auch laut werden kann.” Wer euch schon mal auf der Bühne gesehen hat, weiß, wie ihr da oben abgeht. Trotzdem sind eure größten Hits Balladen. Ärgert euch das manchmal, dass ihr vordergründig nicht als rockige Jungs wahrgenommen werdet?
Johannes: Nein, gar nicht. „Ich lass für dich das Licht an” wird im Moment einfach im Radio rauf und runter gespielt und viele Leute hören uns vielleicht das erste Mal und verbinden mit dem Song dann eine balladesque Pop-Band. Uns ärgert das aber überhaupt nicht und freuen uns, dass wir zum Donauinselfest, wo nur wenige Künstler spielen dürfen, überhaupt eingeladen wurden! Wir haben bestimmt nicht den Anspruch, dass wir auf eine bestimmte Art gesehen werden möchten. Ist doch schön, wenn jemand Balladen mag und mit „Ich lass für dich das Licht an” eine persönliche Geschichte verbindet. Ist doch prima! Und wenn die Leute dann zu unserem Konzert kommen, kriegen sie mehrere Facetten von uns zu sehen und können dann entscheiden, ob ihnen das gefällt oder sie eigentlich nur auf diesen einen Song warten. Aber, das muss man auch sagen: So gut, wie es für uns in den letzten 11 Jahren gelaufen ist, wäre es vermessen zu sagen, wir würden uns ärgern, wenn wir über irgendwelche Balladen definiert werden. Sind ja auch schöne Songs, zu denen wir stehen!
Kristoffer: Total!

Euch als Rockband betonen wollt ihr also nicht?
Johannes:
Das wollten wir vor 10 Jahren machen! (lacht) Da war unser Leben laut, Rock & Roll und so. Das war damals auch absolut okay, das war unser Lebensgefühl und hat viel Spaß gemacht. Da sind wir auf der Bühne noch richtig durchgedreht. Jetzt ist es halt ruhiger geworden …
Kristoffer: Und große Rockbands haben immer schon ganz tolle Balladen gemacht, das liegt in der Natur der Sache. Guns’n’Roses zum Beispiel, oder auch Metallica. Leute hören einfach gerne Balladen.

Auf dem Album „Immer in Bewegung” schlägt ihr sehr ruhige, sogar melancholische Töne an – also genau das Gegenteil zum Vorgänger „In Farbe”, der sehr auf Spaß und Party getrimmt war. Woher kommt das denn?
Johannes: „Immer in Bewegung” ist, so sehe ich das zumindest, eine sehr vielschichtige Platte. „In Farbe” haben wir während der Finanzkrise gemacht, da ging es keinem richtig gut. Alle waren die ganze Zeit nur am Nörgeln und Meckern, das hat uns tierisch genervt. Deswegen haben wir eine betont positive Platte gemacht. Jetzt ist das Thema gegessen und wir wollten wieder mehr vielschichtig sein. Wir haben am Sound gebastelt, einen neuen Produzent ins Boot geholt. Und ja, mit Mitte 30 schreibt man dann halt auch schon mal den einen oder anderen Rückschau-Text. In uns stecken zwei Seelen: Wir sind natürlich positive Menschen, aber wie viele andere Künstler auch haben wir auch eine sehr melancholische Seite. Deshalb kann schon sein, dass du die Platte als melancholisch empfindest.
Kristoffer: Wir wollen ja auch verschiedene Themen abdecken und nicht immer nur von Liebe singen. Oder von freudigen Ereignissen. Die Positivität von „In Farbe” steckt immer noch in uns, aber jetzt ist es uns einen Ticken besser gelungen, vielschichtige Themen abzubilden – nämlich all jene Themenbereiche, die uns selbst bewegen.

Apropos: Auffällig ist, dass einige Themenbereiche sich durch all eure Platten ziehen, zum Beispiel dem Nachhängen der Jugend, Fernweh oder – sehr ungewöhnlich – Entschleunigung.
Jakob: Wir leben alle in der Großstadt und sind Typen, die immer on fire sind und machen, machen, machen. Handy ist natürlich auch immer an. Und ab und zu müssen wir und selbst auf die Finger klopfen und absichtlich alles etwas entspannter und ruhiger angehen. Es gibt doch wichtigere Sachen, als zum Beispiel Facebook zum zwanzigsten Mal zu checken. Was das Fernweh betrifft: Wir reisen alle gerne und sind nicht nur ständig am selben Fleck. Das hört man halt dann einfach.
Johannes: Wobei: Wenn wir immer noch über Entschleunigung schreiben, haben wir in den letzten Jahren wahrscheinlich nicht viel gelernt. Ist ja immer noch so, dass wir zu viel machen, gestresst sind und immer noch am Scheiß-Handy hängen. Das war vor zehn Jahren schon so. Traurig eigentlich, dass Entschleunigung also nach wie vor so ein großes Thema für uns ist. Ich merke grad, unsere eigene Therapie schlägt nicht an …
Kristoffer: Stress und Entschleunigung und so weiter sind einfach generationenübergreifende Themen, die immer noch bestehen.
Johannes: Wir reden drüber, aber haben es immer noch nicht überwunden.

Johannes, du bist Ende Dezember Vater geworden. Wie hat dich diese Erfahrung als Mensch verändert?
Johannes: Das hat mich zufriedener und dankbarer für das Leben, das ich führe, werden lassen. Ich habe einen tollen Job, bei dem ich mit den Jungs unterwegs sein darf – hat was von einer tollen Klassenfahrt-Mentalität. Auf der anderen Seite ist es natürlich toll, daheim Papa sein zu können, das Kind um 16 Uhr aus der Kita abzuholen und keine Termine mehr wahrzunehmen. Und ich glaube, ich bin gelassener geworden. Ich war immer jemand, der sehr ehrgeizig war. Natürlich, das hat auch mit dem Alter zu tun. Obwohl wir natürlich noch knackig und jung sind ;-)
Kristoffer: Yo!
Johannes: Aber mit einem Kind, wie jeder bestätigen kann, verschieben sich einfach deine Prioritäten. Da interessiert es dich dann auch nicht, ob du auf diesem oder jenem Foto mal die Augen zu hattest oder so. Fotos lasse ich jetzt andere Leute auswählen und sage auch klar: Ist mir doch scheißegal – ich muss jetzt meinem Sohn beibringen, wie man Fußball spielt! Das ist entscheidend wichtiger! Es ist für einen Ego-Sänger mal ganz gut, dass sich nicht alles um einen selbst dreht.

Fassen wir also zusammen: Ihr seid glückliche Menschen.
(alle lachen und bejahen)
Kristoffer: Unbedingt!
Johannes: Ich habe gerade eben erst mit einer Künstlerin aus den USA drüber gesprochen. Ich würde sagen, wir sind glücklich, aber wir können eben auch sehr melancholisch sein. Das bringt der Job mit sich und das kann man auch nicht ausschalten. Wenn man einen so emotionalen Job hat wie wir, der so an die Substanz geht, dann geht man durch Höhen und Tiefen. Man hat eine supergeile Zeit auf der Bühne. Und dann schlägt das Pendel aber auch mal extrem in die andere Richtung aus. Ich kenne aber auch kaum Musiker, denen es immer gut geht. Weil das Ganze einfach zu emotional ist.

Entspringt Kreativität nicht aus negativen Gefühlen?
Kristoffer:
Ich würde eher sagen, aus extremen Gefühlslagen.
Johannes: Kann ja auch extreme Freude sein.
Niels: Das Extreme hat bei Künstlern und bei Kreativität im Allgemeinen schon einen hohen Stellenwert.

Anderes Thema: Ihr habt vor kurzem auf der Energiewende-Demo in Berlin gespielt. Und dabei betont, dass ihr nicht wollt, dass die CDU eure Songs spielt …
Johannes:
Die CDU haben bei ihrer Wahlparty damals im September alle deutschen Songs gespielt, die irgendeinen positiven Text haben. „Das kann uns keiner nehmen” von uns war auch dabei. Und da kommst du dir dann schon komisch vor, wenn eine mittelschräge Partei deine Songs benutzt.

Was stört euch denn an der CDU?
Kristoffer: Ist einfach nicht unser Ding!
Johannes: Naja, die Politik von Angie ist schon schwierig.
Niels: In der CSU gibt es zudem ein paar schräge Leute, die sehr nah am rechten Rand sind. Mit solchen Sachen können wir uns natürlich nicht identifizieren. Das ist schon fahrlässig, wie da zum Teil Wahlkampf gemacht wird. Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren, aber trotzdem wollen wir nicht, dass solche Leute zu unseren Songs abfeiern.
Jakob: Das ist einfach nicht unsere Politik, die da gemacht wird. Gerade auch im Zusammenhang mit der Energiewende. Was da die CDU in den letzten Jahren verzapft hat, ist wirklich unter aller Sau. Die haben den Wandel eher ausgebremst.
Johannes: Wir sind Macher. Leute, die etwas anpacken. Wir stehen nicht auf den Weg des geringsten Widerstands, wir mögen Aussitzen nicht. Und genau das praktiziert die Angie aber seit Jahren. Das finde ich scheiße.

Klare Worte. Angst, das könnte sich negativ auf die Karriere auswirken?
Jakob:
Ach, nee! Als Band muss man auch seine Meinung sagen können. Wenn das negative Konsequenzen hat, dann muss man damit auch leben. Die Leute da draußen können schon wissen, wie wir ticken. Damit haben wir kein Problem.
Johannes: Das ist ja auch so ne Sache. Man muss auch mal seine Meinung äußern können. Sonst hätten wir uns „Weiße Wolke” nennen müssen oder sowas.
Kristoffer: Das hört man ja auch auf unseren Platten. Uns sind viele Sachen einfach nicht egal. Wir stellen uns nicht hin, drehen uns nen Joint und sagen: ‚Macht doch, uns ist alles egal! Hauptsache, uns geht’s geil!” Wir wollen wirklich etwas bewegen, so sind wir auch im privaten Bereich. Uns ist es halt nicht egal, wenn zum Beispiel in der Wohnung die ganze Zeit das Licht brennt oder so.
Johannes: Da lassen wir nämlich NICHT das Licht an! (singt) „Ich lass für dich das Licht an – aber mit Energiesparlampen!”
Kristoffer: Es gibt andere deutsche Künstler, denen ist alles egal, die vertreten die „Generation Geil”, Hauptsache Party! So sind wir einfach nicht.

Viele deutsche Bands, die mit euch damals berühmt geworden sind, sind mittlerweile in der Versenkung verschwunden – ihr aber genießt gerade den Höhepunkt eurer Karriere. Was habt ihr richtig gemacht?
Johannes: Stimmt, das ist sehr schön, wenn man sich nach 11 Jahren noch steigern kann. Was wir richtig gemacht haben, denke ich, ist die Mischung aus Gas-Geben und Entspannungspausen. Da sind wir mal auf Urlaub gefahren, jeder tobt sich mal anderswertig aus – Kristoffer hat ein Solo-Album gemacht, ich auch. Dann haben wir wieder zusammengefunden und hatten richtig Bock auf Musik. Wir haben auch immer unsere Freundschaft gepflegt, was natürlich wichtig ist.
(alle nicken)
Kristoffer: Das ist das Wichtigste!
Johannes: Wir haben uns einfach nie aus den Augen verloren. Und zudem sind wir nicht solch eine Band, die jedes Jahr eine Platte raushaut, egal, ob die jetzt gut ist oder nicht. Es macht auch echt Spaß, jahrelang an so einer Platte zu arbeiten und sich im Detail zu verlieren.

Nochmal zur Politik: Johannes und Jakob, ihr habt heuer bei der GQ-Aktion „Mundpropaganda” gegen Homophobie mitgemacht. Inklusive leidenschaftlichem Zungenkuss …
Johannes: Zunge war’s nicht. War ein Filmkuss.

Okay. Wieso wolltet ihr bei dieser Aktion dabei sein? Hattet ihr keine Angst, diese Aktion könnte euch Fans kosten? Dass ihr als „schwul” beschimpft werdet?
Jakob: Nein, dass wir für schwul gehalten werden, davor hatten wir keine Angst …
Johannes: Und wenn, wär’s doch auch egal!
Jakob: Genau!
Johannes: Wenn jemand sagt: „Ihr seid schwul, ich komme nicht mehr zu euren Konzert!”, dann bitte sehr! Ich will auch nicht, dass jemand, der etwas gegen Schwule hat, zu unserem Konzert kommt.
Jakob: Als wir gefragt wurden, wollten wir sofort mitmachen. Wir wollten ein Zeichen gegen Homophobie setzen. Weil es leider immer noch aktuell ist, weil es extrem viel Homophobie in unserer Gesellschaft gibt. Schon alleine, dass diese Aktion so viele Reaktionen ausgelöst hat, zeigt ja auch, dass zwei küssende Männer immer noch nicht als normal angesehen werden. Das sollte es aber sein! Wir haben glücklicherweise fast ausschließlich positives Feedback bekommen – und die paar, die es scheiße fanden, auf die können wir verzichten.
Johannes: Zusammengefasst: Schwulenhassende CDU-Wähler vom rechten Rand brauchen nicht zu unserem Konzert kommen!

Kristoffer und Niels, wo wart ihr beiden bei der Aktion?
Kristoffer:
Wir haben hinter der Kamera mitgeknutscht. Nur bei uns sah’s nicht so geil aus …

Und ihr wart mit der Kusstechnik des jeweils anderen zufrieden?
Johannes:
Sehr gut! Hat der Junge gut gemacht!
Kristoffer: Johannes und Jakob haben auch lange geprobt. Ups, hab ich jetzt was ausgeplaudert …. ?

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Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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