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Published on Oktober 12th, 2013 | by Manuel Simbürger

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GLEE: Goodbye, Finn Hudson!

Aktuell fühle ich mich als das größte unsensibelste Arschloch des Planeten. Weil ich gestern in der Nacht – endlich – die Cory Monteith/Finn Hudson-Tribut-Folge von „Glee“ gesehen habe. Und absolut nicht begeistert war. Na gut, das ist übertrieben. Es war eine gute, solide Folge. Aber nicht mehr, nicht weniger. Sie war absoluter „Glee“-Durchschnitt, mit einigen Highlights. Und wer meinen Blog verfolgt, weiß: Ich habe mich sehr auf diese Episode gefreut. Und hatte hohe Erwartungen.

Vielleicht zu hohe Erwartungen.

Ich bin dann gleich nach der Episode durchs Netz gesurft, mit der festen Annahme, Kritiker und „Glee“-Fans (oder beides in einer Person, so wie ich ja auch!) wären meiner Meinung, würden sich auch enttäuscht über die Inszenierung der Verabschiedung von Finn Hudson bzw. Cory Monteith zeigen. Aber nichts – im Gegenteil: Lobeshymnen im Netz zerstreut, wohin man schaut. „Ein emotionales Meisterwerk“, „Hier hat Glee alles richtig gemacht“ oder „Ich konnte meine Taschentücher nicht weglegen“ waren nur einige der begeisterten Reviews bzw. Fan-Kommentare.

Hm. Bin ich wirklich so unsensibel, dass mich die Episode so erschreckend wenig berührt hat?

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Out-of-character

Lassen wir mal den – ohne Frage tragischen – Aspekt beiseite, dass nicht nur die Serienfigur Finn Hudson, sondern tatsächlich der Schauspieler Cory Monteith „im echten Leben“ gestorben ist. Natürlich, wie setzt man sowas seriell um? Überhaupt in einer Serie wie Glee, in der die Schauspieler kaum wie in einer anderen Serie mit ihren Rollen identifiziert werden? Natürlich, das ist eine Herausforderung. Man kann hier per se nicht alles richtig machen.

Trotzdem: lassen wir mal den Aspekt beiseite, dass es sich hier um eine „Special-Tribut-Folge“ handelte. Betrachten wir die Episode als jene, was sie ist: eine Glee-Episode. Und als solche war „The Quarterback“ (so der Titel der Folge) nicht mehr als Durchschnitt. Viele Figuren handelten vollkommen unnachvollziehbar, waren out-of-character. Vor allem aber: unrealistisch, was ja gerade bei dieser Folge nicht sein sollte. Wieso trauert Santana am intensivsten der Glee-Kids um Finns Tod? Ja, er hat seine Unschuld an sie verloren (vor 4 Jahren!). Bedenkt man aber das Zerwürfnis der beiden in Staffel 3, kommen Santanas Gefühlsausbrüche etwas erzwungen daher. Man hatte das Gefühl, ihrer Figur wurden viele der Worte in den Mund gelegt, die eigentlich Quinn Fabrey gegolten hätten (Dianna Agron war leider kein Teil der Episode – wieso, darüber ranken sich die Gerüchte). Und: Wieso spricht Puck, der sichtlich (und nachvollziehbar, auch in derArt und Weise) um seinen besten Freund trauert, in solch harten Zeiten nicht mit seinem Bruder Jack, der sich mehrmals im selben Raum mit ihm befindet? Dass die beiden nicht mal Blickkontakt hatten, ist sehr befremdlich.

Ähnlich verhält es sich auch mit Blaine und Kurt: Zweifelsohne war der Einstieg in die Episode mit Kurts Voice-Over und seiner Verabschiedung von Rachel (die man zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Gesicht bekommt) sehr gelungen. Auch, dass er privat mit seinem Vater und seiner Stiefmutter um seinen Stiefbruder Finn trauert, ist nachvollziehbar. Wieso aber wendet er sich nie an Blaine? Nicht mal eine klitzekleine Szene zwischen dem frisch verlobten (!!!) Pärchen, die sich in solch einer harten Zeit eigentlich gegenseitig Kraft spenden sollten. Nichts davon zu spüren – wenn man es nicht wüsste, würde man in dieser Episode glauben, Kurt und Blaine waren niemals ein Pärchen und sind es auch aktuell nicht. Nur zum Ende der Episode hin, während Rachels Song an Finn, ergreift Blaine in Trauer Kurts Hand, der allerdings nur emotionslos auf seinem Stuhl sitzt. Diese (leider nur sekundenlange) Szene ist von emotionaler Intensität und versöhnt auch etwas, aber macht die vergangenen 30 Minuten trotzdem nicht wett.

(c)Fox

Zeitsprung

Allgemein, aber insbesondere bei Kurt und Blaine, hat man in dieser Episode viele Chancen vergeben, die Figuren weiterzuentwickeln. Eine intensive Trauerszene zwischen Kurt und Blaine und das Versichern, füreinander immer da zu sein, eben nicht nur in guten, sondern auch in schlechten Zeiten, hätte die Verlobung, die in den letzten zwei Episoden noch so einen großen Stellenwert einnahm, neue Kraft verliehen und das Pärchen wieder als Traumpaar etabliert (an diesem Status muss Klaine nach all dem Hick-Hack und der vollkommen aus dem Hut gezauberten Verlobung nämlich erneut arbeiten). Auch andere Figuren hätten hier die Chance gehabt, endlich mehr an Dreidimensionalität zu gewinnen – gerade eine Trauer-Episode eignet sich hier bestens. Bis auf Santana und Sue gab es in der Episode keinen, der Tiefe zeigen durfte. Sogar Rachel durfte das nur in Maßen. Und das grenzt schon an ein Verbrechen.

Aus all diesen Gründen begrüße ich (anscheinend als einziger auf der ganzen Welt!) die Entscheidung der AutorInnen nicht, erst ca. vier Wochen nach dem Tod von Finn einzusetzen. Für mich stört das die Continuity (sowieso ein Stiefkind von Glee) und die Chronologie der Serie bis aufs Äußerste. Man tut sich schwer, die Trauer der Figuren auch selbst zu empfinden, wenn diese eine Woche zuvor noch lachend und voller Lebensmut gesungen und getanzt haben. Dass das Leben von einem Moment auf den anderen sich komplett ändern kann und einen in ein tiefes Loch reißt, wäre für mich besser transportiert worden, wäre man tatsächlich in der Chronologie geblieben und hätte man direkt bei Finns Tod angesetzt. Um diese Wochen fühlt sich der geneigte Zuschauer etwas btrogen. Wie stark wären hier die Emotionen gewesen, wenn man gesehen hätte, wie all die Charaktere auf die Nachricht vom Tod ihres Freundes reagieren, wenn sie gerade zuvor noch voller Zuversicht in die Zukunft geschaut haben? Wie berührt hätte das Begräbnis von Finn, welches man gerade in einem Musical wunderbar hätte umsetzen können? Welch eine hervorragende Episode entstehen kann, wenn man sich auf die ersten Stunden nach einer schockierenden Todesnachricht konzentriert, hat man eindrucksvoll bei Buffy’s „The Body“ gesehen. Und auch das Zeigen der verschiedenen Arten, Trauer zu bewältigen, was Glee auch zugegebenermaßen sehr gut umgesetzt hat, hätte ohne Probleme funktioniert, wenn man sich mehr Zeit mit dem Auseinandersetzen mit Finns Tod genommen hätte.

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Nicht Fisch, nicht Fleisch

Und vielleicht liegt genau hier der Hund begraben: ein solch großes Ereignis, das streng genommen eine ganze Serie zu Fall bringen kann – der Tod von nicht nur einem der Hauptfiguren, sondern auch eines der beliebtesten Darsteller der Serie –, kann man nicht in nur einer einzigen Episode (die übrigens doch keine Überlänge hatte – weiß hier irgendwer mehr?!) abhandeln. Hier braucht man mindestens eine Doppelfolge. „The Quarterback“ war im Grunde eine klassische Fortsetzungsepisode, die sich mit solch einem Thema befasst. Aber wo bitte war der erste Teil?! Der langsame, behutsame Einstieg in das Thema. Dann wäre die Trauer aller Figuren nämlich realistischer rübergekommen. Ich weiß, all die Tränen, die hier zu sehen waren, waren echte Tränen. Und trotzdem, überraschenderweise hat es mich bei weitem nicht so berührt wie erwartet. All die gezeigte Trauer kam mir zum Teil sehr aufgesetzt vor, was die Faszination und diese ganz besondere Stimmung der Episode natürlich schmälern lässt. But maybe it’s just me. Ich konnte jedenfalls bis zur letzten Minute das Gefühl nicht abschütteln, hier wird der Tod von Cory Monteith vermarktet. Und konnte plötzlich die Einwände einiger der Darsteller verstehen, die keine Tribut-Folge drehen wollten. Aber das ist wohl Geschmackssache.

Die Story an sich bestand vor allem an aneinandergereihten Songs, die Finn gewidmet waren. Diese waren – wie üblich – hervorragend inszeniert und vorgetragen, die Songauswahl wurde gut getroffen. Die Folge wurde langsam erzählt, natürlich, alles andere wäre hier nicht vertretbar gewesen. Der eine oder andere Joke, auf den die Autoren im Sinne des Glee-Humors auch hier nicht verzichten wollte, war aber komplett fehl am Platz. Beispiel: Tina sollte anscheinend die Schwierigkeit verdeutlichen, nach solch einem Schicksalsschlag wieder in die Normalität zurückzukehren. Wenn sie aber heulend vor Emma sitzt und dann in Tränen ausbricht, weil sie nicht mehr Schwarz tragen will, weil sie ja endlich, endlich ihrer Gothic-Phase entkommen sei, dann kommt die Message beim Publikum nicht so an, wie sie gemeint war (v.a., wenn Emma nach diesem Geständnis eine ihrer witzigen Selbsthilfe-Kärtchen an Tina weiterreicht).

Toll zwar auch, dass alte Charaktere zurückgeholt wurden. Mike hätte aber ruhig das eine oder andere sagen dürfen. Auch Blaine und Artie hätten ihre Trauer stärker verbalisieren können, sie gehören schließlich zu den wichtigsten (und beliebtesten) Figuren im Glee-Universum.

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„It isn’t important how someone dies, but instead how they lived their life“

Und dann ist da natürlich die Frage, ob es eine kluge Entscheidung war, die Todesursache von Finn nicht zu thematisieren, ja gar zu verschweigen. Ich bin zwiegespalten. „It isn’t important how someone dies, but instead how they lived their life“, stellt Kurt gleich zu Beginn der Episode in seinem Voice-Over fest und legt damit die Weichen für die restliche Episode: Es wird Finns Leben geehrt, sein Charakter, und nicht die Art und Weise, wie er gestorben ist zum Fokus gemacht.
Das ist okay, sehr gut sogar, möchte man meinen. Für mich hat es aber einen fahlen Beigeschmack: Möchte man hier das Saubermann-Image von Cory Monteith so weit wie noch möglich aufrecht erhalten, indem man sein tödliches Drogenproblem gar nicht anspricht? Hat ein bisserl was vom „Unterm-Teppich-kehren“ für mich, denn ein stark drogensüchtiger Star passt auch fünf Jahre nach der knallbunten, fröhlichen Glee-Premiere nicht in dieses Universum. Denn: Wäre man auch diesen Weg gegangen, wäre Monteith bei einem Autounfall gestorben oder an einer Herz-Kreislauf-Krankheit? Wie weit trennt man hier also tatsächlich Realität und Fiktion – darf trennen, muss trennen, soll trennen? Natürlich, die Figur des Finn hätte nicht auf dieselbe Weise sterben müssen wie Monteith (hätte plot-mäßig aber morbiderweise sogar gepasst, da man Finn bei seinem letzten Auftritt in der Serie beim wilden Party-Feiern beobachtet hat und man damals schon das Gefühl hatte, er könnte auf die falsche Spur geraten). Dann aber wäre der „Unter-den-Teppich-kehren“-Aspekt noch deutlicher zutragen gekommen.

Wieso also nicht Eier in der Hose haben und auch Finn an einer Drogenüberdosis sterben lassen?! Glee ist seit jeher bekannt dafür, Probleme aus dem Leben von Teenagern und jungen Erwachsenen zu thematisieren und auch vor heißen Eisen nicht zurückzuschrecken. Glee ist auch seit jeher für seinen großen sozialen Einfluss auf Jugendliche bekannt. Wieso also dieses so wichtige und aktuelle Thema nicht fokussieren und die Chance nutzen, drogenabhängige Jugendliche mit dieser Episode zu erreichen? Monteith, aber auch Lea Michele haben bewusst öffentlich über sein Suchtproblem gesprochen. Dass man innerhalb der Serie nun solch einen Rückzieher macht, ist schade.

Dass man Finn und Cory auseinanderhalten wollte, ist nachvollziehbar, nach den Berichterstattungen der letzten Monate aber nicht mehr möglich. Zudem haben einige der Darsteller nach der Ausstrahlung der Episode persönliche Empowerment-Worte an all jene gerichtet, die auf verschiedenste Art und Weisen Probleme mit Drogen haben. Dann bitte doch auch innerhalb der Folge thematisieren! Zudem: Finn war einer der wichtigsten Figuren der Serie. Mutet es da nicht merkwürdig an, nicht zu wissen, wie er gestorben ist?

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Santana und Sue

Aber es gibt auch positive Dinge über die Episode zu berichten. Zum einen wäre da eben Santana. Auch wenn ihr Verhalten nicht vollkommen nachvollziehbar ist und sie (auch im Disput mit Sue) augenscheinlich nur als Ersatz für Quinn diente, liefert sie (neben Rachel) die emotionalsten Szenen in der Folge. Naya Rivera spielt sich die Seele aus dem Leib (wenn sie wegen ihrer unterdrückten Trauer einen Song abbricht und schreiend aus dem Choirroom rennt, dann gehört das zu den intensivsten und besten Szenen der gesamten Serie) und beweist, dass ihr, wenn sie es richtig anstellt, auch nach Glee sehr viele Karrieretüren offenstehen werden. Die Frau kann was!

Santana ist zudem (neben Sue) die einzige, die in „The Quarterback“ eine Charakterentwicklung zeigen darf – und eine nachvollziehbare noch dazu: Endlich thematisiert sie (als einzige der Ex-McKinley High-Schüler), dass sie schon lange keine Schülerin ist, dass sie nicht mehr hierher gehört, dass New York nun ihr neues Zuhause ist. Sie hat den Mumm, sich Sue entgegenzustellen, stellt klar, dass sie nicht länger deren Schülerin ist und lässt ihren über die Jahre aufgestauten Hass freien Lauf (und wieder: eigentlich hätte hier Quinn auszucken müssen). Wenn Santana mit derartiger Intensität Sue zuerst verbal, dann auch körperlich angreift, bekommt man Gänsehaut (mehr als bei manchem Trauersong!). Die Chemie zwischen diesen talentierten Schauspielerinnen ist mit den Händen zu greifen, sie pushen sich in ihren gemeinsamen Szenen gegenseitig. Wieso nicht mehr solcher Szenen, auch für die anderen Charaktere?!

Dann, eben: Sue Sylvester. Jane Lynch schafft es auch im fünften Jahr, der im Grunde erschreckend eindimensionalen Figur der Sue Sylvester immer noch Charakter, Glanz und vor allem Glaubwürdigkeit zu verleihen. Unter Santanas Angriff bricht sie zusammen: zum einen kann sie es nicht glauben, dass eine (wenn auch ehemalige) Schülerin es tatsächlich wagt, sie, die große Sue Sylvester, zu attackieren. Der Schock steht ihr ins Gesicht geschrieben. Dann aber erkennt sie, warum auch sie trauert, sie, die ihre Verwundbarkeit nur in Maßen zulässt: „I don’t care about people, I care about him. He was such a good guy, and I’ll never get to tell him…There’s no lesson here, there’s no happy ending. There’s just nothing. He’s just gone.” Da kullert dann tatsächlich (beim Zuschauer, natürlich nicht bei Sue!) die eine oder andere Träne. Das ist ganz großes Writing, das sind große Gefühle, das ist eine große Performance. Dieser gelungene Mix war nur wenigen in dieser Episode (neben Santana und Sue vor allem Kurt und Puck) gegönnt.

Und genau hier, in solchen Szenen, offenbar sich das Potenzial, das generell nach wie vor in Glee steckt, aber auch vor allem im weiteren Storyverlauf: Dass der Tod Finns für Rachel noch die gesamte Staffel ein Thema sein wird, ist bekannt. Aber für die anderen Figuren? Werden sie ihn, wie so typisch in Serien, nach spätestens 2 Folgen vergessen? Oder wird der Tod ihres guten Freundes sie verändern? Wenn Glee dieses am Silbertablett präsentierte Potenzial nicht nützt, dann ist es wohl besser, nach der aktuellen Season zu enden und die geplante sechste Staffel nicht umzusetzen.

Rachel Berry

Dann gab es da natürlich noch Rachel. Wie die Episode selbst komme auch ich erst am Ende auf sie zu sprechen. Rachel, die bessere Hälfte Finns, seine große Liebe. Rachel und Finn, die wegen all der verrückten Wirrungen in Staffel Vier kein Happy End mehr erleben durften, obwohl zum Schluss alles so rosig für die beiden aussah. Und natürlich Lea Michele, die auch im „echten Leben“ die Frau an Cory Monteiths Seite war und die gemeinsam mit ihm als neues Traumpaar Hollywoods galt. Natürlich hat man von der ersten Minute an nur auf Rachel gewartet. Die Sensationsgier, die trauernde Freundin zu Gesicht zu bekommen, konnte man als Zuseher nicht unterdrücken.

Glee gab dieser Sensationsgier aber nicht nach. Das ist mutig und erfrischend unkonventionell. Dass Rachel erst im letzten Drittel der Episode auftaucht, hat natürlich einen gewissen Reiz. Aber auch diese an sich mutige Entscheidung der Autoren ist für mich ein zweischneidiges Schwert: Wir sehen Rachel erst dann, als sie sich bereits halbwegs mit dem Tod von Finn arrangiert hat. Natürlich singt sie unter Tränen den berührenden Song „Make you feel my love“, den sie Finn widmet (und auch Michele widmete diesen Song Monteith, da dieser nach ihrer eigenen Aussage „eine ganz besondere Bedeutung“ für sie als Paar hatte) mit atemberaubendem Fingerspitzengefühl und Intensität. Dass diese Tränen während dieser mit Abstand berührendsten Performance des Abends echt sind, daran ist kein Zweifel. Auch die offen gezeigte Verzweiflung von Rachel am Ende der Episode dürfte mit jener von Lea Michele übereinstimmen. „He was my person“, bringt sie unter Tränen heraus und diese Szene mit Mr. Shue ist so überwältigend emotional, dass man sich (fast!) mit der gesamten Episode versöhnlich stimmt.

Da hat Glee tatsächlich viel richtig gemacht. Und doch fühlt man sich gleichzeitig als Zuseher betrogen, Rachel in den vergangenen Wochen, in denen sie mit der frischen Trauer umgehen musste, nicht begleitet haben zu dürfen. Plötzlich ist sie da, steht Hand in Hand mit Kurt im Schulgang – das hat zwar auch seine Wirkung, aber berührt bei weitem nicht so wie ein sachter, detaillierter und langsamer Blick in Rachels Seelenleben. Ob Michele es geschafft hätte, diese schmerzenden und sehr nahe an ihrem Privatleben angelehnten Szenen zu spielen, ist eine andere (durchaus berechtigte) Frage. Als Zuseher-Sicht wäre es aber faszinierender gewesen, Rachel auf ihrem Weg der Trauer zu begleiten. Wenn ich mir etwas wünschen darf (außer, dass Finn doch nicht tot ist): Die nächste Episode lässt nicht einen Monat, sondern nur eine Woche auf sich warten und fokussiert sich voll und ganz auf Rachel und ihren Umgang mit Finns Tod. Eine Point-of-view-Episode sozusagen, vielleicht sogar ein Rückblick auf die vergangenen Wochen, in dem alle anderen Figuren nur am Rande (wenn überhaupt) eine Rolle spielen. Kurt, Puck, Finns Eltern, Sue und sogar Santana hatten ihren großen Auftritt. Nun wäre Rachel an der Reihe. Schließlich war immer ein „Rachel und Finn Endgame“ geplant. Es wäre nur fair, daraus ein „Rachel Endgame“ zu machen und den ersten Wochen ihrer Trauer eine gesamte Episode zu widmen.

Denn eins machte „The Quarterback“ auf jeden Fall klar: So stark Kurt und Santana als Figuren auch sein mögen – Glee steigt und fällt mit Rachel Berry. Und so pervers es auch ist: Durch Finns Tod hat Rachel mehr denn je die Möglichkeit, zu einem der besten, interessantesten und vielschichtigsten Charaktere in der TV-Landschaft zu werden. Geben wir ihr die Chance. Finn hätte es so gewollt.

(c)Fox

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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