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Published on Januar 12th, 2017 | by Manuel Simbürger

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Charmed: Ein Comeback, das keines ist

Ich habe schon vor drei Jahren darüber berichtet. Vor einem dreiviertel Jahr auch. Und nun tue ich es eben wieder – weil Hollywood es anscheinend einfach nicht lassen kann, die Charmed-Schwestern in aller Ruhe Dämonen jagen und Piper ihre Kekserl backen zu lassen. Die Gerüchteküche, das (einst vom Sender The WB/The CW so sträflich vernachlässigte) Franchise erneut zum Leben zu erwecken, brodelt dieser Tage derart, dass der Zauberkessel schon fast übergeht. Mehr noch: Die Gerüchte sind anscheinend Realität geworden. Oder, um es poetischer auszudrücken: Träume sind zu konkreten Plänen geworden (wie auch schon Shakira so schön trällerte!).

Nur, wie das oftmals ist mit Träumen, gehen sie nur selten so in Erfüllung, wie man es sich erhofft hat.

Denn während Fans seit einer gefühlten Ewigkeit in diversen Social Media-Kanälen lautstark ein Charmed-Revial mit den Ur-Hexen Shannen Doherty, Alyssa Milano, Holly-Marie Combs und Rose McGowan einfordern (sogar eine Online-Petition wurde ins Leben gerufen!) und sogar die Darstellerinnen selbst mehrfach via Twitter ihr Interesse verkündet haben, erneut auf Dämonenjagd zu gehen und im Buch der Schatten zu schmökern, hat der „Charmed“-Haussender The CW ganz eigene Pläne und Vorstellungen. Wie vorige Woche zur Überraschung der gesamten Menschheit bekannt wurde, wird die „Charmed“-Story tatsächlich auf den TV-Bildschirm zurückkehren (dass ich das noch erleben darf!). Zwar ist nun nicht mehr von einem Remake die Rede, und auch ein Sequel rund um Wyatt und Chris soll es nicht werden. Dafür handelt sich’s jetzt um ein Prequel, das im Jahr 1976 angesiedelt ist – also viele, viele Jahre, bevor Phoebe an jenem denkwürdigen Abend auf den Dachboden des Halliwell Manor schlich und die folgenschweren Worte aus einem gewissen Zauberbuch las.

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Keine Verbindung zum Original

Das wäre ja eigentlich gar nicht mal so schlecht und eine spannende Sache. Nun aber, ganz in der Natur von „Charmed“, wurde allerdings ein Plot-Twist bekannt – und wieder ist nichts so, wie es scheint! Bei der Television-Critics-Association-Tour ließ CW-Präsident Mark Pedowitz nämlich verlautbaren, dass das geplante Projekt in keinster Weise mit der Mutterserie inhaltlich in Verbindung stehen wird. Zwar stehe da und dort die Power of Three im Mittelpunkt und um Hexen geht es natürlich in der neuen Serie auch, aber das war’s auch schon mit den Gemeinsamkeiten, meint Pedowitz. Die neue Serie stehe komplett auf eigenen Füßen. Und auch, wenn er es nicht komplett ausschließe, so sind Auftritte von Doherty, Milano und Co. nicht geplant. Wäre auch irgendwie schwer erklärbar, man denke an das Time-Setting – obwohl, bei „Charmed“ waren Zeitreisen ja noch nie ein Problem …

Wie auch immer. Die Worte des Herren Präsidenten haben sowohl Kritiker als auch Fans gehörig vor den Kopf gestoßen. Wieder mal. Lehnte man das damals geplante Remake schon vehement ab (das sowieso zu Ende ging, bevor es überhaupt geboren war), so herrscht dieses Mal vor allem Verwirrung: Wenn die Serie nichts mit „Charmed“ zu tun hat, wieso spricht man dann von einem Prequel? Und wieso sei ein Auftritt von Doherty und Co. „nicht gänzlich ausgeschlossen“, wenn es, damn it, eh keine Verbindung zur Mutterserie gibt?! Und wenn es erneut um mächtige drei Hexen geht – wie passt das denn bitte mit dem Ursprungskonzept zusammen?! Schließlich ist die Legende der Halliwell-Schwestern, immerhin die mächtigsten Hexen aller Zeiten, der Dreh- und Angelpunkt der Serie gewesen. Noch nie zuvor habe es solch ein Hexentrio gegeben, hieß es ganze acht Staffeln lang, alle magischen Vorkommnisse, Schicksalsschläge und sonstige Irrungen und Wirrungen in der Unterwelt und „da oben“ und nicht zuletzt in der Halliwell-Family selbst haben schlussendlich zu den Charmed Ones geführt. Den Mächtigen Drei.

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Zwar ist anscheinend nicht mehr vom Ersetzen der Hauptdarstellerinnen die Rede (jemand anderes soll Piper oder Phoebe darstellen?! Unvorstellbar!), nun aber lauert ein anderes Damoklesschwert über dem Projekt: Das Zunichte-Machen der Serien-internen Logik, das Lächerlich-Machen des gesamten „Charmed“-Kosmos. Ein unausgesprochenes Gesetz läuft Gefahr, gebrochen zu werden: Don’t mess with the Charmed legacy!

Es könnte sogar was werden

Aber vielleicht sehen wir auch alles viel zu düster und es ist schlussendlich doch nicht so heiß, wie es gekocht wird (sondern eher lauwarm …). Wie Pedowitz selbst schon etwas genervt im Interview mit TVLine anmerkte, solle man doch bitte einfach mal abwarten, schließlich werde zurzeit erst an der Pilotfolge geschrieben. Ob das Ganze also überhaupt in Serie geht, steht sowieso noch in den Sternen.

Lässt man all das Remake-Prequel-Wirrwarr mal außer Acht, gibt es aber tatsächlich den einen oder anderen Aspekt, der Hoffnung für das neue Projekt aufkommen lässt: So werden als Showrunner Jennie Snyder und als Autorinnen Jessica O’Toole und Amy Rardin genannt – jene Damen, die für den erfrischenden Comedy-Erfolg „Jane the Virgin“ verantwortlich zeichnen. Neben dem Trio fungieren zudem Ben Silverman und Brad Silberling als Ausführende Produzenten (Letzterer ist auch als Regisseur an Bord) – auch sie gehören zum „Virgin“-Team. Das sind schon mal nicht die schlechtesten Vorzeichen.

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Zudem: Witchcraft, Dämonen und magische Love-Storys in der Zeit von Flower Power, gesellschaftlichen Umbrüchen und des aufkeimenden Feminismus? Da ist einiges an Potenzial vorhanden – wie auch schon die Episode „Witchstock“ aus der sechsten „Charmed“-Staffel zeigte, in der Paige in die Siebziger reiste. Zwar dominierten hier die Logik- und Plotlöcher, unterhaltsam war es aber allemal, Phoebe, Piper und Paige als Blumenmädchen zu erleben. Die Metaphorik des Hexe-Sein als Female Empowerment und die Message, dass es letztlich die Außenseiter sind, die unserer Gesellschaft zu etwas Großem verhelfen, könnte in der neuen Serie also so hell erstrahlen wie schon lange nicht mehr in der TV-Landschaft. Und vielleicht, man liebt ja schließlich das fiktive Spiel mit Historie, war bei dem einem oder anderem historischen Ereignis ja Magie mit im Spiel …? Wenn es die Autorinnen geschickt anstellen, könnten sie einen gelungenen Mix aus Fantasy, Comedy, Drama und Gesellschaftskritik aus dem Hut zaubern – wobei: Dann wäre man ja doch wieder ziemlich nahe am Original …

Ich hätte da mal ein paar Ideen …

Objektiv gesehen wäre es also am besten, die „Charmed“-Hexen einfach in Ruhe zu lassen. Allerdings kann ich verstehen, dass man die Serie wieder aufleben lassen möchte. Absolut, ist schließlich ein Juwel der TV-Unterhaltung. Nicht zuletzt, weil ein Wiedersehen mit den Halliwells um einiges weniger erzwungen und vor allem plausibler daherkommen würde wie das Prequel-das-gar-keines-ist-Projekt – auch, weil es dramaturgisch ein sehr Leichtes wäre, das „Charmed“-Universum weiterzuführen …

Möglichkeit 1: Möchte man am an sich spannenden Seventies-Konzept festhalten, ist es fast schon aufgelegt, die Mutter sowie Großmutter von Prue und ihren Schwestern in den Mittelpunkt zu stellen – dramatischen Stoff gäbe es genug: Die komplizierte Beziehung zwischen Patty und Penny (womit erneut der Familien-Fokus gegeben wäre!), die Dreiecksbeziehung von Patty, Sam und Victor (inklusive geheimer Schwangerschaft!), das Auftauchen des Warlocks Nicholas, der die Geschichte der Halliwells entscheidend beeinflussen sollte – und auch Klein-Prue und Klein-Piper wären bereits mit von der Partie, was der Serie eine ungeahnte Möglichkeit an zahlreichen und unterhaltsamen Foreshadowing-Momenten bescheren würde. Nicht zu vergessen: „The 70’s Episode“ aus der ersten „Charmed“-Staffel gehört zu den besten Folgen der gesamten Serie. Ja, je mehr ich darüber schreibe, desto begeisterter bin ich von der Idee.

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Möglichkeit 2: Seit Ende der Originalserie fordern Fans ein Spin-Off, das sich gänzlich um Pipers Söhne Wyatt und Chris drehen solle. Weil wir alle wissen, wie gebärfreudig die Halliwell-Schwestern sind, könnten die beiden im Kampf gegen sämtliche Ausgeburten der Hölle durchaus Unterstützung von ihrer Schwester oder ihren Cousinen bekommen. „Charmed: The Next Generation“ sozusagen. Und weil Holly-Marie Combs und die anderen Darstellerinnen ja durchaus bereit sind, in das Hexenuniversum zurückzukehren (ich erwähn’s nur noch mal, liebe The CW-Leute!), könnten Piper und Co. als wiederkehrende Gastrollen auftauchen – so, wie es Patty und Penny zur Freude aller seinerzeit so gern getan haben. Dann wären unsere Lieblinge immer noch mit von der Partie, man würde der Story allerdings eine Frischzellenkur verpassen – nicht das Schlechteste, um beim Teen-Sender The CW ein Erfolg zu werden.

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Möglichkeit 3: Man könnte es natürlich genauso so machen wie bei allen anderen seriellen Wiederbelebungen, „Prison Break“ oder „The X-Files“ zum Beispiel (wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg): Nämlich dort weitermachen, wo die finale Folge aufgehört hat. Und weil – ja, ich sag’s nochmal! – wirklich der GESAMTE Cast bereit ist, zurückzukehren (wieso diese einmalige Möglichkeit ignorieren?!), wäre auch die von der Fangemeinde so sehr herbeigesehnte Reunion aller vier Schwestern endlich möglich. Prue und Paige Seite an Seite, Piper plötzlich nicht mehr die älteste Schwester, alte Konkurrenzkämpfe zwischen Phoebe und Prue flammen wieder auf – what a story! Dass Prue eigentlich tot ist, ist ja im „Charmed“-Universum bekanntlich kein Hindernis. Man bräuchte natürlich eine richtig große Bedrohung, sodass die Schwestern auch einen guten Grund haben, Prue – nach all den Jahren immerhin das allererste Mal – um Hilfe zu bitten. Aber da findet man schon was, „Charmed“ ist da ja ganz kreativ (und bei Gegnern auch nicht wirklich wählerisch). Ich denke da zum Beispiel an eine neue Generation von Wannabe-„Charmed“-Hexen, die als billiges Remake der Original-Schwestern daherkommen. Das wäre ja was. Die Fans wären sicherlich voller Emotionen und Freude dabei, um zu sehen, wie das Original über die Kopie siegt.

Unknown

Ja, wenn ich nur selbst zaubern könnte …

Bilder: (c) The WB / CBS

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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