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Published on Oktober 11th, 2014 | by Manuel Simbürger

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Wenn Promis sich outen

Heute, am 11. Oktober, wird wie jedes Jahr der International Coming Out Day gefeiert. Ich weiß, mittlerweile wird ja allem ein besonderer Tag gewidmet (so gibt es zum Beispiel den Towel-Day am 25.5. oder den Gegenteil-Tag am 25.1.), aber den International Coming Out Day erachte ich tatsächlich als politisch und gesellschaftlich wichtig: An diesem Tag sind Lesben, Schwule und ganz allgemein “Queers” dazu aufgerufen, sich öffentlich zu zeigen. Die Tradition des Coming Out Day geht auf den zweiten nationalen March on Washington for Lesbian and Gay Rights am 11.10.1987 zurück, auf dem ca. 500.000 Menschen in der US-amerikanischen Hauptstadt für die Gleichberechtigung von Homosexuellen demonstrierten.

Anlässlich des Coming Out Days gibt’s folgend ein paar der legendärsten Promi-Outings der letzten Jahrzehnte (okay, also seit immer). Vielleicht inspirieren dies ja den einen oder anderen, sein wahres Ich nicht länger vor der Welt geheim zu halten. Gibt ihm oder ihr Mut, zu sich selbst zu stehen. Sich so anzunehmen, wie man ist. Denn steigende Sichtbarkeit führt zu steigender Toleranz. Und zu schämen gibt’s ja wahrlich wirklich nix.

Ellen Page

Der Star aus “X-Men” und “Juno” entschloss sich im Rahmen einer Veranstaltung für die LGBT-Jugend, der Welt zu zeigen, wer sie wirklich ist.  “I am tired of hiding and I am tired of lying by omission. I suffered for years because I was scared to be out. My spirit suffered, my mental health suffered and my relationships suffered.” Das Outing kam überraschend, fühlte sich ungezwungen an und gab den Teenagern vor Ort Hoffnung, dass die Welt vielleicht doch nicht ganz so schlimm ist. Dass da jemand ist, der “so ist wie sie”. Noch dazu fand das Ganze an einem Valentinstag statt. Schön.

Tom Daley

Das Coming Out des britischen Schwimmer-Schnuckels schlug medial hohe Wellen (get it?!): Hat Daley in seinem sehr persönlichen Coming Out-Video auf YouTube doch bewusst das Wort “gay” vermieden, um so (subtil) klarzustellen, dass er sich nicht in Schubladen pressen lasse, dass für ihn die Person, nicht das Geschlecht, zählt. Seitdem ist Daley zwar etwas zurück gerudert und scheint sich nun vollends als “schwul” zu charakterisieren, aber macht ja nix: Mit seinen offenen und mutigen Worten (er ist immer noch Sportler!) hat er vielen Teens da draußen Mut gemacht.

Raven-Symoné

Ähnliche Worte wie Tom Daley fand Schauspielerin-Sängerin Raven-Symoné. Die ehemalige Olivia Kendall aus der legendären “Cosby Show” outete sich ganz versteckt auf Twitter 2013 als Reaktion auf die Legalisierung der Home-Ehe. Klare Worte fand sie aber erst heuer bei (klar!) Talkqueen Oprah Winfrey: Zwar erzählte sie stolz und offen von ihrer glücklichen Beziehung mit einer Frau, lehnte jedoch strikt jede Art von Kategorisierung ab: sei es in Form von homosexuell oder Afro-Amerikanerin. Ein nicht ganz überraschender shitstorm war die Folge. Aber mittlerweile ist ein shitstorm ja ein guter Indikator dafür, dass man ins Schwarze getroffen hat.

Alfons Haider

Der österreichische Star-Entertainer war der erste heimische Promi, der öffentlich zu seiner Homosexualität stand. 1997 war das ein noch mutigerer Schritt als heute, was Haider auch am eigenen Leib zu spüren bekam: Nicht nur er, auch seine Mutter und Freunde wurden auf offener Straße beschimpft, einige Jahre lang gab’s einen Karriereknick. Heute ist Haider wieder voll da (und arrogant wie eh und je) und gehört zu den schwulen Vorzeigegesichtern des Landes. Apropos Land: 2011 Haider hat Österreich, nicht zuletzt wegen der immer noch vorherrschenden Schwulenfeindlichkeit, als “verschissenes und verlogenes Land” bezeichnet. Mit Geständnissen und klaren Worten hat er bis heute offenbar kein Problem. Und der erste, der mit einem Mann bei der internationalen Tanzshow “Dancing Stars” (oder wie immer die Show im jeweiligen Land auch heißt) teilnahm, war er auch noch. Na, bitte.

Hape Kerkeling

Ein unfreiwilliges Outing erlebte der deutsche Star-Comedian, als 1991 Skandal-Regisseur Rosa von Praunheim ihn und andere Prominente in der RTL-Talkshow “Explosiv – der heiße Stuhl” als homosexuell outete. Den daraufhin einsetzenden Medienrummel kommentierte Kerkeling mit folgenden – und bemerkenswert gelassenen – Worten: „Sensiblere Naturen als ich hätten sich jetzt wahrscheinlich mit dem Fön in die Badewanne gelegt. Was soll’s. Morgen werden sie eine andere Sau durchs Dorf treiben.” Notiz an Rosa: Sowas tut man wirklich nicht. Aber ich habe dich ja schon mal persönlich getroffen und kann sagen: Ja, du bist wirklich ein Unsympathler.

Wentworth Miller

Vollkommen überraschend kam das Outing von Actionstar Wentworth Miller (“Prison Break”) – und umso mehr wurde es bejubelt. Denn Miller bewies, dass das Private tatsächlich immer auch politisch ist: 2013 lehnte er in einem offenen Brief eine Einladung zum Filmfestival in St. Petersburg ab, da er die dortigen Anti-Homosexuellen-Gesetze strikt ablehnte. “Als jemand, der vergangene Besuche in Russland genossen und auch familiäre Wurzeln dort hat, hätte ich gerne zugesagt. Aber als schwuler Mann muss ich ablehnen”, schrieb Miller. “Ich bin zutiefst erschüttert über die Behandlung homosexueller Männer und Frauen durch die russische Regierung. Die Situation ist in keiner Weise akzeptabel und ich kann nicht mit gutem Gewissen an einer Feier in einem Land teilnehmen, in dem Menschen wie mir systematisch das Grundrecht, offen zu leben und zu lieben, entzogen wird.” Bravo! Nur meine beste Freundin war am Boden zerstört: Die ist bis zuletzt dem Traum nachgehangen, irgendwann mal gemeinsam mit Miller aus einem Gefängnis auszubrechen.
(Was ist übrigens aus seinem sexy Ex-Serien-Bruder (und Häfn-Bruder…hehe) geworden?!)

Ellen DeGeneres

Heute ist Comedian und Talkshow-Princess (weil Queen ist…eh schon wissen) Ellen DeGeneres wohl Hollywoods Vorzeige-Lesbe schlechthin und führt mit “Arrested Development”-Star Portia DeRossi eine Vorzeige-Ehe. Everybody loves Ellen. Das war aber nicht immer so: Als sich Ellen 1997 zu ihrer Homosexualität bekannte, wollte plötzlich keiner mehr etwas mit ihr zu tun zu haben, ihre Karriere stand vor dem Aus. Dabei kann Ellen das bis heute kreativste Coming Out vorweisen: Ihr fiktiver (und trotzdem an ihre Persönlichkeit angelehnte) Charakter Ellen in der von ihr produzierten Sitcom “Ellen” (worum handelt diese Serie bloß nur….?!) outete sich in der Episode “The Puppy Episode” – womit sich auch die echte Ellen outete. Die Grenze zwischen Kunst und Leben verschwamm in Hollywood selten so sehr wie in diesem Moment (man beachte die Opening Szene der Folge!). “The Puppy Episode” wurde gar für einen Emmy nominiert, die Sitcom selbst kurz danach aber eingestellt, nachdem konservative Christen die Show boykottiert hatten und wichtige Werbekunden abgesprungen waren.

 

Thomas Hitzlsperger

Hitzlsperger outete sich im Jänner diesen Jahres – und wurde somit zum bestbezahltesten Fußballer, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Das Outing selbst war recht unspektakulär, er entschloss sich, dies im Rahmen eines Interview mit der Qualitätätszeitung “Die Zeit” zu tun. Das macht das Outing jedoch nicht weniger bemerkenswert, ist Homosexualität im Profi-Fußballsport (oder im Fußballsport allgemein) immer noch ein Tabu-Thema. Dies nennt Hitzlsperger auch als Grund, endlich klare Worte zu finden: Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern. Das Thema bleibt immer wieder in den Klischees stecken – Profisportler gelten als perfekt “diszipliniert”, “hart” und “hypermännlich”. Homosexuelle dagegen gelten als “zickig”, “weich”, “sensibel”. Das passt natürlich nicht zusammen. Ein homosexueller Profisportler? Da werden Widersprüche aufgebaut, über die ich mich in meiner Profikarriere immer wieder geärgert habe. Diese Widersprüche werden an den Stammtischen als Sensationen verkauft. Mich hat zusätzlich geärgert, dass gerade diejenigen mit dem geringsten Sachwissen am lautesten über das Thema reden.”

George Michael

Die britische Pop-Legende musste sich 1998 zu seiner Homosexualität bekennen, nachdem er auf einer offiziellen Toilette in eindeutiger Situation mit einem anderen Mann erwischt wurde – Verhaftung (plus psychologischer Beratung) inklusive. Dass seitdem seine Karriere nicht mehr richtig in Schwung kommt, liegt eher an den ständigen Drogenexzessen als an seiner Homosexualität. Immerhin gab’s dank des Outings noch einen großen Hit: Die Single “Outside”, in dessen dazugehörigem Video Michael auf provokante Art den Cruising-Vorfall verarbeitete, wurde in Europa zu einem Megaerfolg.

Elton John

Das Legendäre an Elton Johns Outing war, dass es nie wirklich ein Outing gab. Seit Anbeginn seiner Karriere sprach der Entertainer darüber, sich auch von Männern sexuell angezogen zu fühlen, das erste Mal 1976 in einem Interview mit dem Kult-Magazin “Rolling Stone”. Einen Aufschrei gab’s damals nur bedingt – spektakulärer war da schon die Heirat mit der Tontechnikerin Renate Blauel 1984. Die Ehe hielt aber sowieso nicht lang, nämlich nur vier Jahre (okay, in Zeiten von Britney und Kim ist das eh schon eine kleine Ewigkeit). Seitdem wurde John nur noch mit Männern an seiner Seite gesichtet, seit den 90er Jahren ist das namentlich der Brite David Furnish. Die beiden waren 2005 das erste homosexuelle Paar in Großbritannien, das sich für die Ehe entschied. Und Kinder haben die beiden mittlerweile auch. Glückwunsch!

Neil Patrick Harris

Ähnlich wie (BFF) Elton Johhn gehört HIMYM-Star Neil Patrick Harris zu den aktuell erfolgreichsten schwulen Männern Hollywoods. Das Outing gab’s zwar schon 2006 (“I am happy to dispel any rumors or misconceptions and am quite proud to say that I am a very content gay man living my life to the fullest and feel most fortunate to be working with wonderful people in the business I love”), weil Harris damals aber erst im Erarbeiten seines Kultstatus war, reagierten auch die Medien auf die offenen Worte relativ teilnahmslos. Mehr Reaktionen gab’s da schon 2007, als er gemeinsam mit seinem Lebenspartner David Burtka bei der Emmy Verleihung auftrat – womit die beiden als erstes schwules Pärchen am Roten Teppich in die Emmys-Geschichte eingingen. Geheiratet haben die beiden mittlerweile auch schon, 2010 kamen ihre Zwillings-Söhne (via Leihmutter) zur Welt. Sag ich ja: ganz wie Elton John halt.

Jodie Foster

Jodie Foster ist einfach eine coole Sau. Irgendwie wusste es jeder ja “immer schon”, dass Jodie auf Frauen steht, und weil Jodie einfach Jodie ist – heißt: die intelligenteste und talentierteste Frau Hollywoods -, traute sich da auch keiner etwas Negatives zu sagen. Gut so! Jodie Foster selbst hat ihre Homosexualität lange Zeit nicht kommentiert, womit sie (also die Sexualität, nicht die Jodie) zum “öffentlichsten Geheimnis” der Traumfabrik wurde. Erst als sie 2013 bei den Golden Globes für ihr Lebenswerk geehrt wurde, sprach sie das Thema offen an – ohne ihre Rede zu einem Outing werden zu lassen (denn outen müsse sich man ja nur, wenn man etwas Schlimmes zu verbergen hat, scheint sich Jodie zu denken). Also outete sie sich, ohne sich zu outen. Das kann nur Jodie Foster.

 

 

 

 

 

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About the Author

Ich bin freiberuflicher Journalist in Österreich (I’m a freelance journalist in Austria) – und wie das bei Journalisten so ist, schreibe ich über alles (naja, fast alles) lieber als über mich selbst. In meinem Fall: Kultur, Pop, Popkultur – und alles, was dazwischen liegt. Weil man Lifestyle, Musik, Film, TV, Gesellschaftskritik, Politik und Gossip nun mal nicht trennen kann. Weil Populärkultur der Spiegel der Gesellschaft ist. Und weil ich als Journalist der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will. Man könnte auch sagen: Popkultur mit Niveau. Infotainment vom Feinsten.



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